Sie waren ja Teil der Israelfahrt. Was genau haben sie da gemacht?
Die Israelfahrt ist vor allen Dingen eine Begegnungsfahrt, das heißt wir begegnen allen möglichen Menschen in Israel, angefangen mit den Vertreterinnen und Vertretern von Parents-Circle über Angehörige der ständigen Vertretung in Ramallah, ARD–Korrespondenten… Wir wollten eigentlich noch palästinensische Schülerinnen der deutschen Schmidt-Schule treffen, das hat dann leider wegen eines Streiks nicht geklappt, aber die Leiterin des Goethe-Instituts und viele andere mehr konnten wir sprechen.
Kern der Israelfahrt ist also, dass wir wirklich Leute treffen. Ansonsten reisen wir einmal komplett durchs Land, von der Ben-Gurion-Universität in der Wüste Negev bis zu den Golanhöhen an der Grenze zu Syrien; wir waren in Akko, Haifa und Tel Aviv; wir sind die Greenline entlanggefahren und wir hatten natürlich auch ein paar touristische Ziele, zum Beispiel haben wir im Toten Meer gebadet. So etwas gehört auch dazu.
Und Schüler:innen aus der Ernestinenschule und dem Leibniz-Gymnasiums sind auch mitgekommen. Hatte das einen bestimmten Grund?
Ja, die Fahrt ist ja ursprünglich initiiert worden von Herrn Schmittinger vom Katharineum, von Herrn Leberke von der Thomas-Mann-Schule und von Frau Frank vom Leibniz-Gymnasium. Die sind aber alle seit ein paar Jahren in Pension; und ich hatte vor mittlerweile fünf Jahren die Gelegenheit, an einer Fortbildungsfahrt nach Israel teilzunehmen. Da habe ich Herrn Tappe vom Leibniz-Gymnasium und Frau Niehaus von der Ernestinenschule kennengelernt und wir haben dann beschlossen, dass wir die Kontakte, die meine Kollegen aufgebaut haben, übernehmen und weiterführen wollen. So kommt es zu der Kombination dieser Schulen.
Warum sind Sie genau nach Jerusalem geflogen?
Jerusalem ist unser erstes Reiseziel gewesen und natürlich der Ort, an dem sich die heiligen Stätten der drei monotheistischen Weltregionen befinden, der Felsendom, die sogenannte Klagemauer und die Grabeskirche zum Beispiel. Jerusalem bietet auch die Möglichkeit, den vielen Menschen zu begegnen, die ich vorhin aufgezählt habe. Wir hatten außerdem die Gelegenheit, am Schabbat–Gottesdienst in einer reformierten Synagoge teilzunehmen, und ein wesentlicher Punkt ist natürlich auch Yad Vaschem, die Gedenkstätte, die wir besucht haben. Dort hätten wir eigentlich auch eine Holocaust-Überlebende treffen wollen, aber die über 90jährige Dame fühlte sich in der Woche leider nicht fit genug, sodass das Treffen leider ausfallen musste. Aber wir haben eine exzellente Führung durch das Museum dort und über das Gelände von Yad Vaschem erhalten.
Das ist ja nicht ihre erste Fahrt. Was verbinden sie mit dieser Reise?
In erster Linie diese Fülle von Eindrücken, die man bekommt und die wir dort auch unseren Schülerinnen und Schülern ermöglichen wollen. Zudem ist Israel das einzige Land, in dem Juden in der Mehrheit sind, und wir haben natürlich eine besondere Verantwortung in Deutschland, die aus der Shoa erwachsen ist. Das Bewusstsein für diese Verantwortung wollen wir an unsere Schülerinnen und Schüler weitergeben. Und letztlich verbinde ich mit dieser Reise auch, wie interessiert sich die Teilnehmenden auf diese Fahrt mit ihren teils schwierigen Programmpunkten einlassen, und dass man merken kann, wie sie daran wachsen.
Was war ihr Top-Erlebnis?
Der Begriff „Top-Erlebnis“ passt überhaupt nicht, aber das, was uns alle, denke ich, am meisten berührt hat, war die Begegnung mit den Vertretern von Parents-Circle, die von den persönlichen Verlusten erzählt haben, die sie im Zuge des Nahostkonflikts erlitten haben. Das ist etwas, das wirklich allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern sehr, sehr nahe geht.
Was würden Sie auf dieser Fahrt nicht noch einmal machen?
Wir waren ein bisschen in Geldnot, obwohl unserer Sponsoren uns großzügig bedacht haben. Das hing damit zusammen, dass die erste Fluggesellschaft, die wir gebucht hatten, insolvent ging und damit unsere Anzahlung weg war. So kam es, dass wir am Ende doch ein bisschen sparen mussten und uns nach einem langen und aufregenden Tag abends zum Teil in den Hostels noch selbst bekocht haben. Nudeln für dreißig Mann (und Frau) in drei Schichten, das ist etwas, was ich nach Möglichkeit beim nächsten Mal vermeiden würde…
Wir haben ja schon von sehr viele schöne Unternehmung gehört. Gibt es etwas das unbedingt zu dieser Fahrt dazugehören muss?
Also, wenn es jetzt um wirklich schöne Unternehmungen geht: Auf unserer ersten Fahrt sind wir eher versehentlich auf der Camel-Ranch gelandet, aber das hat sich als ein echter Kontrapunkt herausgestellt zu dem sonstigen Programm. Denn einmal auf einem Kamel im Abendsonnenschein in die Wüste zu reiten ist wirklich ein ganz entspanntes Unterfangen; das haben wir dann dieses Mal bewusst eingeplant und werden den Programmpunkt sicher auch weiterhin behalten.
Das waren jetzt auch schon unsere Fragen zur Israelfahrt. Wir würden Ihnen noch zu Ihren Erfahrungen am Katharineum und dem Schulleben Fragen stellen:
Sie unterrichten ja drei Fächer. In welcher Form ähneln sich diese – Deutsch, Geschichte und Religion?
In allen drei Fächern – die Kombination ist übrigens auch die ideale Kombination für eine Israelfahrt – geht es um die Interpretation von Texten, literarischen Texten, Quellentexten, religiösen Texten, und darum, einen Bezug zu sich selbst herzustellen.
Warum haben Sie sich für Deutsch, Geschichte und Religion entschieden?
Ich habe schon immer gern gelesen und wollte unbedingt Literatur studieren. Geschichte war dann insofern erst einmal zweite Wahl, weil ich an der Kunsthochschule abgelehnt worden bin – zu Recht, wie ich inzwischen finde. Und Religion ist dann später als ein Fernstudium dazugekommen. Die Gelegenheit habe ich während des Referendariats erhalten. Und das hat mir dann tatsächlich in einer Zeit, in der überhaupt keine Lehrkräfte eingestellt wurden – was man sich heute angesichts des Lehrermangels gar nicht mehr vorstellen kann – die Tür zur Schule geöffnet.
War Ihr Traumberuf schon immer Lehrerin und welche Alternativen gab es?
Ich wollte eigentlich immer schon, seit ich selbst zur Schule ging, Lehrerin werden und es ist nach wie vor der schönste Beruf, den ich mir für mich vorstellen kann. Die einzige Alternative, oder Überlegung, war, ob ich eher an eine Sonderschule, wie das damals hieß, oder an ein Gymnasium gehe. Inzwischen bin ich sehr froh über die Entscheidung fürs Gymnasium, weil es einfach diese große Bandbreite an Altersklassen gibt und diese schöne Mischung zwischen pädagogischer Arbeit und fachlicher Arbeit.
Im Unterricht passiert viel Kurioses – was war ein witziges Erlebnis, das Sie mit einer Klasse geteilt haben?
Das, was mit Schülerinnen und Schülern witzig ist, fällt meist unter die Rubrik Situationskomik. Wenn man das hinterher nacherzählt, ist es überhaupt nicht mehr lustig – also erspare ich das mir und unseren Lesern und Leserinnen besser.
Welche Klassenleitung ist einfacher? Die der 7d oder die der Q1c?
Die Q1c leite ich zusammen mit Frau Gerresheim, die große Teile der Aufgaben dort übernimmt. Die 7d leite ich mit Herrn Schrader, der gleichzeitig auch in einer anderen Klasse ist, sodass ich dort mehr zu tun habe. In beiden Klassen machen es mir aber die Schülerinnen und Schüler und auch deren Eltern durchaus leicht, die Aufgaben dort zu übernehmen.
Wie lange unterrichten Sie bereits am Katharineum?
Ich habe hier 1993 angefangen zu unterrichten. Nach Frau Lenz bin ich die dienstälteste Lehrerin am Katharineum… Im Büro von Herrn Schmittinger hing lange Zeit ein Kollegiumsfoto; als es abgenommen wurde, war ich tatsächlich die Einzige darauf, die noch nicht pensioniert wurde.
Haben Sie auch an anderen Schulen unterrichten und wenn ja, was war anders?
Ich habe vor meiner Anstellung in Lübeck an sechs verschiedenen Arbeitsstellen in drei verschiedenen Städten gearbeitet: Ich war an Grundschulen, ich war an der Universität für Ferienkurse in Deutsch, ich war an der Wirtschaftsakademie für DaZ-Kurse. Das heißt, ich hatte Schülerinnen von sechs bis sechzig Jahren, vom Analphabeten bis zum Studenten – also ein sehr breites Spektrum mit jeweils ganz eigenen Herausforderungen; das kann man gar nicht vergleichen.
Mit welchen drei Worten würden Sie das Katharineum beschreiben?
Wenn mir vielleicht auch ein paar mehr Worte gegönnt sind: Viele Schülerinnen und Schüler wollen wirklich lernen und sie engagieren sich sehr stark. Das für mich beste und naheliegendste Beispiel ist die Gedenktag-AG. Insofern, wenn ich es doch auf drei Wörter reduzieren soll: „Lernen und Engagieren“.
Gibt es etwas, dass Sie am Katharineum ändern würden?
Ja – den Umgang mit unserem Gebäude und den Räumen. Wenn man ins Refektorium schaut, wenn man in die Klassenräume guckt – überall liegt Müll, überall werden Spuren hinterlassen. Das, finde ich, muss sich dringend ändern. Es müsste sich so etwas wie eine Kultur des „Blicks zurück“ entwickeln. Das heißt, wenn ich irgendwo weggehe, muss ich mich einmal umdrehen und prüfen, ob ich den Platz wirklich so verlassen will.
So sieht Ihr perfekter Tag aus:
Im Unterricht freundliche, aufmerksame Schülerinnen und Schüler. In der Pause vielleicht ein frisch aufgegossener Kaffee – und nachmittags nach Möglichkeit keine Korrekturen!
So sieht Ihre perfekte Klassenfahrt aus: Wo geht es hin? Welchen Lehrer bzw. Klasse nehmen Sie mit?! 😉
Der Ort ist eigentlich völlig unwichtig, Hauptsache es gibt dort viel zu sehen oder zu tun. Das kann vom Museumsbesuch bis zum Kletterpark reichen – und dabei schönes, sonniges Wetter! Mitnehmen möchte natürlich am liebsten meine Klassen und meine Kollegin bzw. meinen Kollegen, mit denen ich die Klassen leite.
Sie unterrichten ja ukrainische Schüler:innen am Katharineum. Ist es sehr schwer, den ukrainischen Schüler:innen Deutsch beizubringen?
Die Schwierigkeit liegt vor allen Dingen darin, dass sie mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen kommen und insofern eine sehr inhomogene Lerngruppe sind – auch vom Alter her. Dazu kommt noch, dass wir keine gemeinsame Basissprache haben. Wir müssen uns immer mal wieder mit Englisch behelfen, um etwas zu erklären.
Machen die Ukrainer:innen schnell Fortschritte oder brauchen sie noch häufig Hilfe. Wenn ja, wie?!
So unterschiedlich sie sind, so unterschiedlich sind auch ihre Lernfortschritte. Aber die Hilfe, die sie bekommen, ist auf jeden Fall die Fülle an Deutschstunden, die wir ihnen zur Verfügung stellen, sodass sie die Möglichkeit haben, sich zügig die deutsche Sprache anzueignen.
Warum haben Sie sich entschieden, die Ukrainer:innen zu unterrichten?
Ich hatte DaZ an der Uni belegt und das entsprechende Zertifikat gemacht und daher ist es selbstverständlich, dass ich diese Kenntnisse einsetze, wenn sie gebraucht werden. Die Lage der Schülerinnen und Schüler, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, ist schwierig genug; da sollte man sie unterstützen, wo es nur geht, damit sie sich bald ein bisschen heimisch fühlen können.
Was ist Ihre liebste Freizeitbeschäftigung?
Meine liebste Freizeitbeschäftigung? Ich lese nach wie vor sehr gern. Ich arbeite auch gern im Garten, wenn ich dazu Zeit habe, und ich tanze gern.
Haben Sie ein Lieblingsbuch?
Es gibt so viele tolle Bücher! Ich weiß gar nicht, wie Nicht-Leser das aushalten… Ich habe in meiner eigenen Schulzeit, ich glaube in der neunten Klasse, „Wer die Nachtigall stört“ von Harper Lee vorgestellt. Das halte ich nach wie vor für ein sehr schönes Buch. Ein Buch, das ich tatsächlich auch schon mehrfach gelesen habe, ist „Nachtzug nach Lissabon“ von Mercier. Und jetzt zuletzt lag auf meinem Bücherstapel von Juli Zeh „Über Menschen“. Um nur drei Beispiele zu nennen.
Dann haben wir zum Schluss noch das berühmt berüchtigte Fragengewitter:
Deutsch, Geschichte oder Religion?
Deutsch.
Frühaufsteher oder Langschläfer?
Irgendwo dazwischen!
Sommer oder Winter?
Sommer, schon wegen des Gartens!
Tee oder Kaffee?
Kaffee, am liebsten mit Milch.
Romantische Komödie oder ein spannender Actionfilm?
Ich muss zugeben, die romantische Komödie.
Lieber in den ersten Stunden kein Unterricht oder früher Schluss?
Egal, Hauptsache hinterher keine Konferenzen!
Vielen Dank für dieses interessante Interview!
Redaktion des Website-Teams