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Unterm Kirschbaum mit Frau Gerresheim

Unterm Kirschbaum mit Frau Gerresheim

Zum Start des neuen Schuljahrs durfte die Schulgemeinschaft einige neue Lehrer*innen begrüßen. Wir freuen uns sehr, dieses Interview mit einer der neuen Lehrkräfte führen zu dürfen: Frau Gerresheim!

Sie sind zum neuen Schuljahr ans Katharineum gekommen. Wo haben Sie vorher unterrichtet?

Ich habe mein Referendariat an einem Gymnasium in Berlin-Mitte gemacht, dann war ich an zwei verschiedenen Europaschulen, erst in St. Peter-Ording und zuletzt an der Stormarnschule in Ahrensburg. Dazwischen habe ich einige Jahre an der Deutschen Internationalen Schule in Washington D.C. unterrichtet.

Haben Sie ein Jobangebot für Washington bekommen oder haben Sie sich für den Dienst im Ausland beworben?

Ich habe mich für den Auslandsschuldienst beworben. Das Spannende ist, dass man vorher gar nicht weiß, wo man hinkommt. Wenn die Bewerbung angenommen wird, kommt man in eine zentrale Kartei, und dann kann irgendwoher aus der Welt ein Anruf kommen, zum Beispiel aus Sao Paulo oder Peking oder Brüssel…, in meinem Fall kam er aus Washington D.C..

Wo kommen Sie her und wo haben Sie studiert? 

Ich komme ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen. Mein Grundstudium habe ich in Bonn gemacht. Danach war ich drei Semester im Ausland, erst ein Jahr an der Universität Oxford, dann ein Semester in Bordeaux. Zum Hauptsstudium habe ich an die Humboldt-Universität nach Berlin gewechselt.

Und wie war es in Oxford?

Großartig! Das war eines der besten Jahre meines Studiums. Das System ist ganz anders als an deutschen Universitäten. In meinen Fächern, also in Deutsch und Geschichte, gab es in Deutschland keinen Numerus clausus, es war sehr überfüllt in allen Lehrveranstaltungen. Dann kam ich nach Oxford und hatte Einzel-Tutorials. Ich habe jede Woche einen Essay geschrieben und den dann mit einem Professor diskutiert, das war unheimlich intensiv und hat großen Spaß gemacht.

Haben Sie direkt nach der Schulzeit studiert oder vorher noch etwas anderes gemacht?

Ich habe direkt angefangen zu studieren.

Was hat Sie zum „Wechsel“ ans Katharineum bewegt?

In erster Linie die Stellenausschreibung. Ich fand das Aufgabengebiet „Schulentwicklung“ faszinierend. Hinzu kommt, dass ich schon einige Jahre in Lübeck wohne, ich bin vorher jeden Tag über die A1 gependelt, und jetzt genieße ich es, mit dem Fahrrad zur Schule zu fahren.

Welche Fächer unterrichten Sie?

Ich unterrichte Geschichte, Deutsch und Wirtschaft/Politik.

Was fasziniert Sie speziell an diesen Fächern?

Meine Fächer ergänzen sich sehr gut. Geschichte und Deutsch sind Fächer, wo man sich in andere Welten bewegt, entweder in die Vergangenheit, und Lebensumstände kennenlernt, die anders sind als unsere eigenen, oder in Fantasiewelten in der Literatur, wo man in die Denkweisen und in die Gefühle vieler Menschen Einblick bekommt. In beiden Fällen sammelt man Erfahrungen, die über das hinausgehen, was ein einzelner Mensch in seinem Leben erleben kann. Geschichte ist vielleicht eher der analytischere Teil, da stellt man sich die Frage, wie es wirklich gewesen ist, und die Auseinandersetzung mit der Literatur hat eher die emotionale Seite, dass man sich in Charaktere hineinversetzt und deren Motive und Beweggründe zu verstehen versucht. Ich mag sehr gerne den Wechsel zwischen beiden.

Wie sind Sie auf diese Fächerkombination gekommen?

Es waren beides Fächer, die ich in der Schule schon sehr gerne mochte. Deutsch war einer meiner Leistungskurse. Geschichte habe ich auch als Abiturfach gehabt. 

Welche Lektüre unterrichten Sie als Deutschlehrerin am liebsten?

Oh, das ist eine schwere Frage. Ich glaube, ich habe nicht eine, die ich am allerliebsten mag. Ein Buch, das mich schon als Schülerin sehr fasziniert hat und das ich auch immer noch gerne unterrichte, ist Sophokles’ „Antigone“, weil es da um Grundkonflikte geht, vor denen Menschen immer noch stehen, zum Beispiel, ob man den Gesetzen folgen soll oder seinen Prinzipien, wenn beide sich widersprechen. Ich unterrichte aber auch sehr gerne ganz moderne Literatur. 

Gibt es denn ein Buch, dass Sie vielleicht insgeheim nicht so gerne unterrichten oder privat mögen?

Seit ein paar Jahren haben wir in Schleswig-Holstein ein Zentralabitur, das führt dazu, dass einem auch Texte vorgegeben werden, die man selbst nicht ausgewählt hätte. Die Erfahrung ist im Nachhinein aber, dass ich meist dankbar war, mich auf die neuen Texte eingelassen zu haben, weil man an fast jeder Lektüre spannende Aspekte finden kann.

Sie sind aber nicht „nur“ als Lehrerin an die Schule gekommen, sondern auch als Koordinatorin für  Schulentwicklung und konzeptionelle Gestaltung. Was genau Sind dort Ihre Aufgaben?

Ich sitze an einer Schnittstelle zwischen der Schulleitung, dem Kollegium, der Elternschaft und der Schülerschaft und bin zuständig für Projekte, die fächerübergreifend sind, also mehr als eine Fachschaft angehen. Wenn zum Beispiel eine Schule sich ein neues Methodencurriculum gibt, was ja für alle Fächer von Bedeutung ist, dann würde das in diesen Aufgabenbereich fallen. Oder wenn ein Fahrtenkonzept überarbeitet wird oder zum Beispiel, wie jetzt gerade von der SV angestoßen, eine Evaluation der Unterrichtsarbeit eingeführt werden soll. Ich bin aber auch verantwortlich für die Organisation von Schulentwicklungstagen (letzten Montag hattet ihr ja schulfrei): Da treffen sich die Lehrer:innen, um sich fortzubilden. 

Gibt es irgendeinen Teil Ihrer Arbeit, der Ihnen nicht so gut gefällt?

Ich habe gerade erst angefangen. Daher kann ich die Frage noch nicht beantworten (lacht).

Wie gefällt Ihnen die Schule bisher und gibt es Unterschiede zu den vorherigen Schulen?

Die Schule gefällt mir ausgezeichnet! Als Geschichtslehrerin empfinde ich es als Privileg, jeden Tag in diese historischen Gebäude kommen zu dürfen. Das Katharineum ist sogar älter als mein Oxforder College und das will etwas heißen! Dann gefällt mir aus Sicht der Schulentwicklung, dass man hier an eine Schule kommt, an der es schon eine sehr lebendige Schulkultur gibt, auch im außerunterrichtlichen Bereich. Ich habe von den Schüler:innen, die ich unterrichten darf, bisher einen sehr guten Eindruck. Ich treffe auf viele diskussionsfreudige und motivierte Menschen. Das sind gute Perspektiven.

Was war Ihr bisher schönstes Erlebnis mit Schüler*innen?

Es gibt viele. Ein Highlight war für mich in den letzten Jahren Jugend debattiert. Das ist ein Projekt, bei dem Schüler lernen, fair zu streiten. Im Unterricht macht man viele praktische Übungen, das ist immer sehr lebendig und abwechslungsreich. Die Schüler üben sich im Zuhören, sie lernen, die Perspektive zu wechseln und mit guten Argumenten zu überzeugen. Klassensieger haben die Chance, sich mit Schüler:innen anderer Klassen und Schulen zu messen, man kann die Teilnahme an Rhetorik-Seminaren gewinnen, im Landtag in Kiel oder sogar in Berlin debattieren. In den letzten sechs Jahren habe ich den Jugend debattiert-Wettbewerb in unserer Region organisiert. Dieses Jahr wird er ans Katharineum wandern. Die Wettbewerbstage sind immer sehr schön, weil man Schüler:innen verschiedener Schulen erlebt, wie sie gut informiert und hart in der Sache streiten, sich aber hinterher meist persönlich gut verstehen und einfach Spaß am Debattieren über aktuelle Fragen haben.

Was wünschen Sie sich für die nächste Zeit?

Dass es so weiter geht, dass ich auf viele offene und freundliche Menschen treffe, so wie das bisher der Fall ist, und dass ich ganz viel lerne über das Kollegium, die Schüler:innen, über die Elternschaft, über die Strukturen dieser Schule und vor allem, dass ich einen sinnvollen Beitrag leisten kann und hier etwas mitgestalten kann.

Welche Hobbys haben Sie?

Ich reise sehr gerne, ich lese gerne, ich wandere gerne, wenn ich Zeit habe, spiele ich Volleyball!

Haben Sie ein liebstes Reiseziel?

Großbritannien, vor allem die Südküste zum Wandern auf dem South West Coast Path, da kann ich wunderbar entspannen. Diesen Sommer war das leider nicht möglich.

Gehen Sie gerne ins Theater, vielleicht auch mit Schulklassen und gibt es eine Inszenierung, die Ihnen besonders gut gefallen hat?

Ich gehe sehr gerne mit Klassen ins Theater, das ist eine wunderbare Ergänzung, vor allem, wenn man gerade Dramen im Deutschunterricht behandelt. Von Ahrensburg aus konnte man mit der U-Bahn nach Hamburg fahren und ich habe mit Schüler:innen etliche Inszenierungen am Thalia-Theater gesehen, die beeindruckend waren.

 

Zum Schluss noch ein kurzes Fragengewitter:

Tee oder Kaffee? Tee

Sommer oder Winter? Sommer

Brief oder Email? Brief

Goethe oder Schiller? Beide!

Radfahren oder spazieren? Spazieren

Pizza oder Pasta? Beides!

Overheadprojektor oder Smartboard? Smartboard (lacht)

Frühaufsteher oder Morgenmuffel? Frühaufsteher

Katze und Hund? Beide!

 

Wollen Sie Ihren Schüler*innen irgendetwas mit auf den Weg geben?

Ja, dass sie sich trauen, nach der Schule das zu machen, worauf sie wirklich viel Lust haben, und nicht so viel darüber nachdenken, wo man vielleicht die besten Chancen haben könnte. In meinem Fall war das auch so: Mir haben anfangs alle gesagt, mit Deutsch und Geschichte bekommt man nie eine Stelle. Im Nachhinein war das kein Problem. Man soll das machen, was man gerne macht, und dann öffnen sich auch irgendwelche Tore… Und viel ins Ausland gehen!

 

Wir bedanken uns herzlich für das Interview!

Redaktion des Website-Teams

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