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Unterm Kirschbaum mit … Frau Behrend

Unterm Kirschbaum mit … Frau Behrend

Das Katharineum lässt sie einfach nicht los: Frau Behrend erzählt uns etwas über ihren Beruf hier als Lehrerin und Leiterin des Krippenspiels. Und wer hätte es gedacht – sie war schon als Schülerin an dieser Schule. Wie kam es dazu und was hat sich verändert?

War Lehrerin zu sein schon immer Ihr Traumberuf oder kam es dazu erst später?

Es war in der Tat nicht von Anfang an mein Traumberuf. Der Wunsch hat sich eher über die Jahre hinweg entwickelt. Ich habe nach dem Abitur zuerst eine Ausbildung im Hotelbereich angefangen, weil es damals mein Traum war, Hotelmanagerin zu werden. Nach der Ausbildung im Hotel „Vier Jahreszeiten“ in Hamburg wollte ich Touristik studieren. Ich habe dann aber während dieser Ausbildung festgestellt, dass der von mir angestrebte Beruf mit einer Familiengründung nur sehr schwer zu vereinbaren wäre. Denn wenn man im Hotelbereich tätig ist, muss man viel reisen, ist ständig unterwegs und nirgendwo wirklich zu Hause. Ich war immer schon ein Familienmensch und mir war damals schon klar, dass ich irgendwann Kinder haben möchte. Somit habe ich mich dann noch während dieser Ausbildung umentschieden und ein Jahr lang viele Praktika im In- und Ausland gemacht, um mich neu zu orientieren.

Anschließend habe ich Pädagogik (Erziehungswissenschaften) in Lüneburg studiert. Während des Studiums stellte ich fest, dass mir Latein fehlt. Ich hatte hier am Katharineum damals von der fünften bis zudreizehnten Klasse Latein – ich war schon immer ein Sprachenmensch. Wenn man nun also Pädagogik und das Fach Latein miteinander verbinden möchte, ist man beim Lehramt angelangt. Die ideale Kombination fand ich in einer modernen Fremdsprache: Englisch.

Haben Sie ein Lieblingsthema?

In Latein finde ich es immer sehr wichtig und spannend, wenn man einen Bezug zur Lebenswelt der Schüler:innen herstellen kann und wenn man dann die antiken Texte als Basis nimmt, um aktuelle Lebensfragen beantworten zu können; oder wenn man feststellt, dass es den alten Römern in vielen Lebenssituationen genau so ging, wie es uns heutzutage geht, z.B. wenn wir verliebt sind. Ich persönlich liebe Dichtung – Catull, Horaz, Ovid.

Womit ich mich in der Oberstufe im Fach Englisch sehr gerne beschäftige, sind TED-Talks. Da dieses Redeformat den meisten Schülerinnen und Schülern durch youtube bestens bekannt ist, ist die Motivation, auch einen eigenen TED-Talk zu entwickeln und zu präsentieren, meistens sehr hoch.

Diese Unterrichtseinheit habe ich kürzlich mit einem Kurs zum Thema „Science and Technology“ durchgeführt und war begeistert von den Ergebnissen. Das lässt sich auch super mit dem Fach Latein verbinden – wenn man sich die officia oratoris und die partes orationis von Cicero anschaut, merkt man schnell, welchen Einfluss dieser Meister der Rede bis in die heutige Zeit hat.

Ich finde es total spannend, fächerverbindende Aspekte zu entdecken und daraus mit Kolleginnen und Kollegen anderer Fächer zusammen Unterrichtseinheiten oder Unterrichtsprojekte zu entwickeln.

Warum haben Sie sich für das Katharineum entschieden?

Ich habe mich tatsächlich gar nicht selbst für das Katharineum entschieden. Das hat natürlich immer zwei Seiten, wenn man als Schülerin an einer Schule war und dann als Lehrerin zurückkommt.

Wobei das bei mir auch lange genug her war, ich also die „nötige Distanz“ dazu hatte. In der Zwischenzeit hat sich auch eine ganze Menge verändert. Vielleicht war es Zufall oder – wenn man daran glauben möchte – Fügung, jedenfalls wurde mir ein Referendariatsplatz am Katharineum zugewiesen.

So bin ich wieder hier gelandet und auch geblieben.

Haben Sie einen Lieblingsmoment als Lehrerin?

Da gibt es mehrere, würde ich sagen. Ein wirklich sehr besonderer Moment war, als ich meine erste Klassenleitung übernommen habe. Als klar war, dass ich nach dem Referendariat an der Schule bleibe, habe ich danach direkt eine Klassenleitung in einer fünften Klasse bekommen.

Als ich dann bei der Sextaner-Einschulung die Kinder kennengelernt und realisiert habe, dass das jetzt meine Klasse ist, war das sehr besonders für mich.

Was ich auch immer sehr besonders finde, ist das Krippenspiel: die Proben, die Gesänge, die Fahrt, das Gemeinschaftsgefühl, die Aufregung der Schüler:innen und Schüler kurz vor der Aufführung, die Freude und Erleichterung im Anschluss. Das ist für mich wirklich etwas ganz Schönes.

Aber ich liebe diesen Beruf einfach auch genau deswegen, weil es immer unvorhersehbare Momente gibt und kein Tag wie der andere ist, das fasziniert mich so daran, Lehrerin zu sein.

Sprechen Sie noch weitere Sprachen?

Ich habe damals am Katharineum noch Französisch und später, in der Oberstufe, nebenbei Spanisch gelernt, weil das leider nicht als Unterrichtsfach angeboten wurde. Alt-Griechisch habe ich im Rahmen des Latein-Studiums natürlich auch gelernt, aber das kann ich nicht sprechen.

Was ist ihre liebste Freizeitbeschäftigung?

Am wichtigsten ist mir, Zeit mit der Familie zu verbringen. Mein Sohn und ich haben ein gemeinsames Hobby: Wir gehen ein- bis zweimal die Woche zusammen schwimmen, außerdem verbringen wir viel Zeit an der Ostsee.

Sport ist für mich ein wichtiger Ausgleich; ich gehe zwei- bis dreimal die Woche laufen, in der wärmeren Jahreszeit auch rudern. Ansonsten lese ich gern, höre Musik, spiele Klavier, gehe spazieren oder treffe mich mit Freunden.

Hat Ihnen Theater immer schon Spaß gemacht?

Ja, auch in meiner Schulzeit gab es schon das kleine und das große Musical und da war ich immer dabei. Damals gab es noch einen richtigen Orchestergraben, in den ich mal bei einer Aufführung beim WienerWalzerTanzen fiel. 

Und beim Krippenspiel war ich auch von Klasse fünf bis Klasse dreizehn immer dabei, allein schon, weil ich Jürgen Fick meine gesamte Schulzeit über immer in mindestens einem Fach als Lehrer hatte; da wurde man gar nicht gefragt, man musste mitmachen, das war einfach so (lacht).

Welche Rollen hatten Sie im Krippenspiel?

In den ersten Jahren war ich ein kleiner Engel im Engelschor, und dann war meine Rolle mehrere Jahre lang der Vor- und Nachspruchengel.

Hat das Krippenspiel ihre Schulwahl als Schülerin beeinflusst?

Nein, das war das Fach Latein. Ich hatte mir als Zehnjährige in den Kopf gesetzt, Theologie zu studieren. Da war es für mich klar, dass Latein meine erste Fremdsprache sein soll.

Herr Fick war mein erster Klassenlehrer in der 5. Klasse und dann „war man halt dabei“.

Ich glaube, dass damals die gesamte 5a beim Krippenspiel mitgemacht hat. Es war immer eine tolle Zeit – auch wenn ich es schade finde, dass wir damals keine Krippenspielfahrt gemacht haben.

Was fasziniert Sie besonders am Krippenspiel?

Ich finde es einfach faszinierend, dass es diese lange Tradition hat, und ich finde es so toll, dass die Schülerinnen und Schüler das auch so fasziniert, dass sie so motiviert sind, bei diesem niederdeutschen Krippenspiel mitzumachen; und das, obwohl heutzutage kaum noch jemand diese Sprache spricht oder von den Eltern oder Großeltern kennt. Meine Großeltern konnten noch „platt snacken aber das wird wohl leider immer weniger.

Dieses traditionelle Stück übt so eine Faszination auf die Schülerinnen und Schüler aus, dass immer Neue nachrücken und dazukommen. Als in diesem Jahr klar war, dass ich die Leitung übernehmen werde, war von einigen die größte Sorge, dass sich irgendwas verändert. Es hieß: „Frau Behrend, da darf sich nichts dran verändern!“ Das Fortleben dieser 102 Jahre alten Tradition wird also auch von den Schülerinnen und Schülern eingefordert.

Pastor Baltrock erzählte in der Andacht anlässlich der Jubiläumsveranstaltung im letzten Jahr, dass das Krippenspiel auch durch die komplette Kriegszeit hindurch aufgeführt wurde. Auch, als Lübeck zum Ziel von Luftangriffen geworden war und die Menschen große Angst hatten, fand das Krippenspiel statt. Es hat den Menschen Hoffnung und Sicherheit gegeben. Das hat mich tief beeindruckt und ich wünsche mir, dass es auch in der heutigen Zeit die Hoffnung und Zuversicht in die Herzen der Menschen trägt.

Was ist ihre schönste Erinnerung an das Krippenspiel?

Der Moment ganz am Anfang, wenn die Spielschar mit dem Gesang „O Himmelriek, O Sternenmeer“ in die Kirche einzieht, war immer ein ganz besonderer. Dieses Gefühl war sofort wieder da, als wir – Ehemalige der Abiturjahrgänge 1960 bis 2019 – im vergangenen Jahr das Ehemaligen-Krippenspiel als Überraschung für Jürgen Fick aufgeführt haben. Da war ich plötzlich wieder so aufgeregt wie als kleiner zehnjähriger Engel.

Und ein lustiger Moment war, als wir damals eine Aufführung im Heiligen-Geist-Hospital hatten: Dort war es immer tierisch heiß. Hitze und Aufregung führten dazu, dass reihenweise Engel hinter die Bühne gekippt sind. So habe ich gelernt, dass man unter den weißen Engelsgewändern immer eine weiße Strumpfhose tragen muss.

Denn ich hatte eine knallrote Strumpfhose an und meine Freundin eine knallblaue, und als wir hinter die Bühne fielen, lagen unsere Beine allerdings noch auf der Bühne und unsere bunten Strumpfhosen leuchteten durch den ganzen Raum. Jürgen war nicht so begeistert und hat das entsprechend kundgetan. Ich habe danach nur noch weiße Strumpfhosen getragen (lacht).

Hat sich irgendetwas seit Ihrer Zeit im Krippenspiel verändert? Wenn ja, was?

Die Fahrt ist neu, das ist eigentlich auch die größte Veränderung. Das finde ich auch, wie gesagt, im Nachhinein sehr schade, dass wir die damals nicht hatten. Ich finde sie sehr wichtig, sowohl für die Probenarbeit an sich, als auch für das Gemeinschaftsgefühl. Sonst gibt es nicht so viele Unterschiede. Naja, früher klebten noch Glitzersternchen auf den Engelskleidchen – die fand ich sehr schön. Alle Mädchen wollten immer die Kleider anziehen, auf denen die meisten Sternchen klebten. Ich überlege schon immer, ob ich die vielleicht wieder einführen soll.

Ich habe im letzteJahr das Feuer mit meinem Sohn zusammen repariert, weil das Papier schon total zerrissen war. Den Stab für die Sternsinger habe ich ebenfalls neu lackiert. Auch die Kostüme habe ich gewaschen, obwohl Jürgen meint, dass die eigentlich nicht gewaschen werden dürfen. Da diesen in der Holsten-Kapelle lagernden Textilien jedoch bereits jahrzehntelang der Duft der gesamten Aegidienkirche anhaftet, dachte ich mir, das muss einfach mal sein.

Aber das sind wahrscheinlich die einzigen Veränderungen. Achso, und damals lagen in der Krippe auch immer noch kleine Textheftchen. Die haben Josef und Maria dann umgeblättert, während sie so getan haben, als würden sie gerade das kleine Jesuskind liebkosen. Wenn wir als Engel um die Krippe standen, mussten wir darüber immer lachen – wahrscheinlich hat Jürgen es deswegen verboten. Ich frag ihn mal.

Wie stellen Sie sich die Zukunft des Krippenspiels vor, sind irgendwelche Veränderungen geplant?

Also am Stück an sich wird sich nichts ändern. Wobei ich sagen muss, als Yorck und Carlos neulich in der Probe Josef und Maria zusammen spielen mussten, hatte ich die Idee, dass es doch auch mal ein gleichgeschlechtliches Paar geben könnte. 😉

Spaß beiseite – ich würde wirklich gerne mal ein paar Requisiten austauschen; das sind nämlich auch noch dieselben wie vor 32 Jahren! Vielleicht mal einen neuen Hahn und für die Schäfer ein paar neue Felle. Manchmal mag man die Sachen ja schon gar nicht mehr anfassen. Auch Wickeln und Band könnte man mal erneuern.

Sind Sie bereit für den Fragenhagel? Kaffee oder Tee?

Tee.

Fernsehen oder Lesen?

Lesen.

Schauspiel oder Singen?

Singen.

Sommer oder Winter?

Sommer.

Strand oder Berge?

Strand.

Krippenspiel oder Lateintheater?

Krippenspiel.

Lieblingsfach als Schülerin?

Latein.

Lieblingsfach als Lehrerin?

Ich mag alle meine drei Fächer! Latein, Englisch und DaZ. Alle meine Herzensfächer!

Lieblingsschulfest?

Night of the Proms.

Vielen Dank für dieses interessante Interview!

Redaktion des Website-Teams

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