Dieser Artikel ist all den Schüler:innen gewidmet, die noch zu Hause sitzen und kein Licht am Ende des Einsamenlernen-Tunnels sehen können… Wir waren für euch in der Schule und können jetzt mit Sicherheit sagen: Ihr verpasst einen Fictionfilm erster Güte!
Zu aller Erst bahnte man sich von der Eingangspforte den Weg zur Tür, über die am Boden liegenden Markierungen. Dabei sah man sich eingeschüchtert um, wenn man daneben trat, und erinnert sich selbst an ein kleines Kind, was versucht nicht auf die Betonspalten zwischen Ziegelsteinen zu treten. Der Pfad führte schließlich zu einem gut gelaunten Herrn Scheel, alias Türsteher, der einen zu den dem Zeitplan entsprechend nun freien Waschbecken verwies.
Nachdem man die Namens- und Klassenkontrolle bestanden hatte, war man drin – nicht unbedingt im Safe der Europäischen Nationalbank, aber doch in unserem Schulgebäude; das Gefühl gliche sich im Ungefähren, denken wir. Es wäre fast unmöglich gewesen, die Hinweisschilder, die schon am Treppenanfang zum ersten Stock, zum Keller und zur nächsten Tür hingen, zu übersehen; Klebebahnen am Boden zeigten zudem mögliche Einbahnstraßen, Wege und Meterabstände, an die man sich nach kleinen Verständnisproblemen auch gewöhnte.
Wäre allerdings die Wimperntusche verschmiert gewesen, oder der Hosenstall offen, so hätte einen keiner drauf hinweisen können, bevor man in die Klasse ging, denn die Gänge waren menschenleer, von Freunden mal ganz zu schweigen. Die erste Seele, die man wiedertraf, war schließlich der Klassenlehrer, an seinem Tisch, im zugewiesenen Raum, sitzend. Man trat begrüßend ein und wollte sich wie gewohnt auf einen Lieblingsplatz in der letzten Reihe setzten, nur, dass die letzte Reihe nicht mehr bestand. Alle Tische standen mindestens einen Meter fünfzig auseinander angeordnet im Raum und hatten Namensschilder, ich wiederhole: Namensschilder.
Also folgte man der Autorität von oben und setzte sich auf den zugewiesenen Platz, natürlich direkt vor den Lehrer. Aber eigentlich war es auch irrelevant, wo man saß, denn mit Quatschen, möglicherweise gewissen arbeitsauftragsbezogenen Absprachen und Kritzeleien (selbst auf dem eigenen Blatt) war es vorbei. Mit nur sieben Schülern im Klassenzimmer wurde von einem wirklich 100% Konzentration gefordert. Erst einmal wurde die gegenwärtige Situation besprochen, Fragen beantwortet und Missfallen an der einen oder anderen Sache, wie z.B. die Abgabedaten, geäußert. Was aber vor allem erklärt wurde: derzeit möglich gegebene Noten dürfen nur zur Zeugnisverbesserung nicht zur -verschlechterung einbezogen werden. Na wenn das nicht mal positiv ist!
Der Unterricht wurde vollzogen, Frontalunterricht ist natürlich unvermeidbar gewesen, aber dennoch freute man sich, einfach mal andere Gesichter zu sehen oder anderen Meinungen lauschen zu können. Das Gefühl des Unterrichts war so schön, dass die ersten Stunden schnell vorbei waren, die Wortmeldung bei jedem doppelt engagiert und die Lösungen fast von alleine kamen. Schließlich fing ein neues Fach an. Da die Türen während der ganzen Zeit offen bleiben mussten, hörte man den kommenden Lehrer und sonstige Vorbeilaufende schon, bevor man sie sah. Jetzt fing es langsam an (aus Sicht eines Laien für Virologie gesprochen) absurd zu werden: Der die Stunde beendende Lehrer desinfizierte die Stuhllehne, den Tisch und eventuell auch die Computertastatur, schlängelte sich dann mit leicht belustigtem, leicht entschuldigendem Blick an dem kommenden Lehrer vorbei, nachdem sie allerdings zuerst von rechts nach links getänzelt waren, um sich schließlich auf den Rechtsverkehr zu einigen und so mit dem Sicherheitsabstand aneinander vorbeizugehen.
Dessen aber nicht genug. Nachdem auch die letzte Stunde für die Schüler (in der Regel haben alle ja eh nur drei) vorbei ging, erhielt der Lehrer die wahrscheinlich auf einer Fortbildung erlernte Aufgabe, alle Tische zu desinfizieren.
Man selbst ging die Lehrerzimmertreppe hinunter, immer darauf bedacht, den Abstand auch untereinander noch einzuhalten, aus der Eingangtür heraus und freute sich, die drei Stunden hoffentlich ohne Infektion überlebt zu haben.
Vielen Dank an die gesamte Schulgemeinschaft, Lehrer wie Schüler, dass ihr euch solche Mühe gebt!
-M.