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Unterm Kirschbaum mit … Frau Nötzel

Unterm Kirschbaum mit … Frau Nötzel

Liebe Frau Nötzel, seit wie vielen Jahren arbeiten Sie als Lehrerin und seit wann sind Sie am Katharineum tätig?

Ich habe hier im Februar 2011 angefangen. Das ist jetzt ungefähr 12,5 Jahre her.

Warum haben Sie sich für die Fächer Englisch und Wipo entschieden?

Englisch verfolgt mich eigentlich schon mein Leben lang. Wir hatten schon damals und auch bis heute Kontakte in die USA, nach Salt Lake City und nach Denver. Dafür war Englisch für mich quasi wie eine Zweitsprache, die ich unbedingt lernen wollte. Englisch war später, neben Latein, mein Leistungskurs und so stand Englisch absolut fest.

Wipo hat eine etwas schrägere Hintergrundgeschichte, denn tatsächlich habe ich Wipo damals in der Oberstufe abgewählt, denn als Schülerin hatte ich keinen wirklichen Zugang zu Wirtschaft und Politik. Dann kam allerdings der 11. September 2001. Ich glaube jede Generation hat ihren Punkt, an dem sie politisches Interesse entwickelt, und das war eben mein Erlebnis, die Anschläge auf das World Trade Center. Zu dem Zeitpunkt hatte ich mich dann sehr geärgert, dass ich Wipo abgewählt hatte, aber mit der Zeit entwickelte ich privat ein starkes Interesse für politische und gesellschaftliche Themen und so kam es dann, dass ich mich für das Fach Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt Wirtschaft entschieden habe.

Wollten Sie schon immer Lehrerin werden?

Weiß ich gar nicht so genau… Ich weiß, dass wir früher neben einigen anderen kreativen Spielen auch Schule gespielt haben. Für eine Weile wollte ich Architektin werden. Alle meine Barbies waren komischerweise immer Architektinnen (lacht), ich fand das scheinbar einen sehr attraktiven Beruf. Als Jugendliche war ich dann ein großer Akte X-Fan. Der weibliche Hauptcharakter Scully war Gerichtsmedizinerin und das fand ich super cool und interessant, bin dann aber am Ende auch davon abgekommen. Ab Klasse 10 habe ich schließlich Nachhilfe in Latein gegeben. Ich fand es interessant, Arbeitsblätter und Lernwege zu entwickeln und habe mich darüber gefreut, dass meine Nachhilfeschüler*innen Fortschritte gemacht haben. Lehrerin zu werden war von da an mein Ziel.

Welche Themen unterrichten Sie besonders gerne?

Spontan fällt mir der Wertewandel ein. Die Schülerinnen und Schüler befassen sich damit im Kontext des demographischen Wandels. Was ich so interessant am Wertewandel finde, ist die Gegenüberstellung von materialistischen und postmaterialistischen Werten. Hier können die Schülerinnen und Schüler sich selbst, aber auch ihre Eltern- und Großelterngeneration meistens gut wiederfinden. Das schafft Verständnis für vieles.

Werte sind etwas sehr Lebensnahes, die wir alle haben, uns aber in jungen Jahren gar nicht so bewusst sind, welche Werte wir überhaupt vertreten. Ich glaube das ist dann eines der ersten Male, bei denen sich die Schüler*innen mit der Frage befassen können, „Welche Werte vertrete ich eigentlich?Der Themenkomplex des gesellschaftlichen Wandels hat auch etwas mit Lebensplanung zu tun und sich damit vielleicht zum ersten Mal in der 10. Klasse zu beschäftigen, das finde ich auch einfach super spannend für die Schülerinnen und Schüler. Dafür den Raum zu bieten macht mir viel Freude.

Und in Englisch?

Ich finde es sehr faszinierend, 5. und 6. Klassen in Englisch zu unterrichten. Dieser Anfangsunterricht, der Sprung von Basiskenntnissen aus der Grundschule hin zu, dass sie sich am Ende wirklich auf einer fremden Sprache ausdrücken können und kleine Geschichten erzählen können, das finde ich toll! Gerade aktuell hat meine 6d das Simple Past gelernt und nun sind sie in der Lage Geschichten so zu schreiben, wie man sie schreibt, nämlich in der Vergangenheit.

Sie sind Koordinatorin für die Schutzkonzepte gegen sexualisierte, körperliche und psychische Gewalt und Ansprechpartnerin für LGBT*Q+. Wie sind Sie zu diesen Aufgaben gekommen?

Ansprechpartnerin für die Schutzkonzept zu sein, erfolgte im Grunde in zwei Etappen. Das Schutzkonzept gegen sexuelle Grenzverletzungen, sexuelle Übergriffe und sexuellen Missbrauch, gibt es schon viele Jahre an unserer Schule und wurde durch eine Arbeitsgruppe entwickelt, die Frau Müschen und ich damals geleitet hatten.

Der zweite Teil, das Schutzkonzept gegen psychische und physische Gewalt, entstand aufgrund einer Schulgesetzänderung. In dem entsprechenden Absatz steht, dass Schulen zum Schutz der seelischen und körperlichen Unversehrtheit der Schülerinnen und Schüler über ein Präventions- und Interventionskonzept verfügen sollen, insbesondere zu Gefährdungen im Zusammenhang mit sexualisierter, psychischer und körperlicher Gewalt. Da ich das erste Konzept bereits maßgeblich mitgeschrieben hatte, fragte mich Herr Philippi, ob ich dieses noch erweitern könnte. Beide Konzepte sind im Download-Bereich unserer Schul-Homepage zu finden. Immer dann, wenn jemand Fragen z.B. zu den Abläufen und Kommunikationswegen hat, kann ich Auskunft geben.

Ansprechpartnerin für LGBTQ kam eigentlich eher dadurch, dass ich eine ganze Weile allgemeine Beratungslehrkraft für alle möglichen Anliegen war. Irgendwann, das ist nun auch schon viele Jahre her, haben sich erste Schüler*innen getraut, sich in der Klasse und vor ihren Lehrkräften als trans zu outen. Dadurch wurden Fragen aufgeworfen, vor allem seitens der Schulleitung und einzelnen Lehrkräften, welche sich v.a. um schulrechtliche aber auch psycho-soziale Aspekte drehten. Ich habe mich hier relativ schnell als Ansprechpartnerin angeboten, weil ich über ausreichend solides Wissen verfüge, und falls nicht, weiß, wo welche Informationen zu finden sind oder welche externen Ansprechpartner kontaktiert werden können.

Welches sind einige Beispiele, die in den Schutzkonzepten enthalten sind?

Die jeweiligen Konzepte sind natürlich sehr umfassend, weshalb ich gerne drei Punkte herausstellen möchte. Der erste zentrale Punkte ist, dass Hilfe holen niemals Petzen ist und Hilfe holen auch kein Verrat ist. Jedes Kind, jeder Jugendliche, jeder Mensch hat das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung sowie auf körperliche und psychische Unversehrtheit. Ist diese in Gefahr sollte man sich Hilfe holen, gerne auch zusammen mit einer Freundin oder einem Freund als Begleitung.

Der zweite wichtige Punkt ist, dass sich Schülerinnen und Schüler innerhalb unserer Schule an eine Person ihrer Wahl wenden können, wenn sie selbst betroffen sind oder ein Freund/ eine Freundin betroffen ist. Das heißt, es gibt keine festgelegten Ansprechpartner, sondern man kann sich an alle Lehrkräfte wenden, zu denen man Vertrauen hat. Wichtig ist hierbei, dass diese Person die Pflicht zur Verschwiegenheit hat. Das heißt, es sind vertrauliche Gespräche.

Drittens beziehen sich die Konzepte sowohl auf den Kontext Schule als auch auf den familiären Bereich. Das heißt, dort, wo das Kindeswohl gefährdet ist – sei es durch gewalttätiges Verhalten seitens der Eltern oder anderer Familienmitglieder oder durch Mitschülerinnen oder Mitschüler oder Lehrkräfte – greifen diese Konzepte.

Sind entsprechende Projekte in Planung, die in Verbindung mit den Schutzkonzepten stehen?

Unser Schutzkonzept beschreibt v.a. Interventionsmaßnahmen. Das heißt: Wir können anhand des Konzepts auf Dinge, die schon vorgefallen sind bzw. andauern, kompetent und effektiv reagieren. Was die Prävention angeht, so ist insbesondere die Veranstaltung von Pro Familia zur Sexualpädagogik ein wichtiger Baustein. Sie findet in Klassenstufe 8 statt und es ist mit Pro Familia verabredet, dass ausreichend Zeit für Themen der Schutzkonzepte eingeplant wird, sodass diese Konzepte spätestens dort bekannt sind.

Wie würden Sie das Katharineum in drei Worten beschreiben?

Als allererstes fällt mir Tradition ein, das ist vielleicht auch ein wenig ein Stereotyp. Wir haben viele Traditionen, wir haben den Katharina-Basar, nun zu Weihnachten auch wieder das Adventssingen und das Krippenspiel, einfach super viele Dinge, die sich jährlich wiederholen. Das hängt allerdings auch mit dem Engagement zusammen.

Ich finde, dass überdurchschnittlich viele Schülerinnen und Schüler und auch Lehrkräfte und Eltern sich für Belange der Schule engagieren. Ob kulturell, sportlich oder IT-mäßig. Das finde ich sehr besonders! Ich finde, dass das Katharineum einen großen Freiraum bietet, für neue Ideen, eigenes Engagement, für viel TU ES.

 

Kommen wir nun zu unserem beliebten Fragengewitter:

Liebste Freizeitbeschäftigung?

Im Sommer vor allem Gärtnern und Zeit im Garten verbringen und im Winter dann eher basteln und kreativ sein.

Englisch oder Wipo?

Kann man sich auch für beides entscheiden?

Kaffee oder Tee?

Kaffee, aber nicht in der Schule! Da lieber Tee.

Sommer oder Winter?

Ich bin eher ein Herbst-Typ. Ich finde es beeindruckend, wenn die Gänse sich formieren und gen Süden starten.

G8 oder G9?

G9

Lieblingsschulfest?

Der Katharinabasar

Lieblingsort am Katharineum?

Ich gehe gerne in die 6d, da fühle ich mich fast wie zu Hause.

Fahrrad oder Auto fahren?

Vision: Fahrrad fahren, und zwar mit allen Kindern, die transportiert werden müssen. Realität ist dann doch leider das Auto.

Fernsehen oder lesen?

Lesen, ich gucke außer 1x pro Monat „Aktenzeichen XY … ungelöstüberhaupt kein Fernsehen.

 

Vielen Dank für das interessante Interview!

Die Schutzkonzepte finden Sie unter den Downloads oder unter folgenden Links:

Kurzinfo zum Schutzkonzept

Schutzkonzept gegen sexuelle Grenzverletzungen, sexuelle Übergriffe und sexuellen Missbrauch

Schulinternes Schutzkonzept gegen psychische und körperliche Gewalt

Redaktion des Website-Teams