Üblicherweise treffen wir uns mit einer Lehrkraft für ein Interview unter dem Kirschbaum, aber diesmal haben wir uns für die Repräsentation eines Faches mit der gesamten Stärke der Fachschaft getroffen und können Euch so hoffentlich das Fach Chemie und die Menschen, die hinter dem Lehrerpult stehen, näher bringen!
(Anm. d. Red.: Unverständliche Chemieinsider sind ohne Gewähr, die Redaktion übernimmt keine Haftung.)
Im Folgenden haben wir die Lehrer:innen mit ihrem jeweiligen Kürzeln benannt: Frau Pressel (PRE), Frau Spenner (SPE), Frau Gebler (GEB), Herr Belaya (BEL), Herr Falkenhain (FAL), Herr Fust (FUS).
(Warum) wollten Sie Lehrer:in mit Ihrer Fächerkombination werden oder vielleicht etwas ganz anderes?
PRE: Ich habe angefangen Chemie zu studieren, wollte aber eigentlich Biochemie studieren. Dies wurde allerdings nicht angeboten und deshalb habe ich noch zusätzlich Biologie studiert. Während meines Biostudiums habe ich etlichen Kommilitonen im Chemiepraktikum geholfen und gemerkt, dass es mir Spaß macht, Chemie zu erklären, und bin so über Umwege wieder an die Schule gekommen! Hätte mir nach dem Abitur jemand erklärt, dass ich wieder in die Schule gehen werde, hätte ich ihn für verrückt gehalten.
BEL: Ich wollte eigentlich etwas anderes machen und habe VWL bis zum Vordiplom studiert, wollte dann aber irgendwie doch zu den Naturwissenschaften. Da habe ich dann das gemacht, für das sich Frau Pressel nicht einschreiben konnte, nämlich Biochemie, wobei das Molekulare Biotechnologie hieß; ist aber nur ein anderes Label für genau das Gleiche. Währenddessen dachte ich aber, da hatte ich überhaupt keine Lust mehr, ich will zur Lufthansa ins Cockpit. Ich bin auch bis zur Firmenqualifikation gekommen, aber irgendwie fand die Lufthansa mich dann nicht sexy genug (lacht) oder wollte mich einfach nicht, obwohl die DLR gesagt hat, der kann das. Dann habe ich mir gesagt, wenn man sich die befristeten Verträge im naturwissenschaftlichen Bereich anguckt (ich habe Freunde, die im Fraunhofer-Institut arbeiten, wo es so aussieht, dass man mit 42 Jahren nur einen Zwei-Jahres-Vertrag angeboten bekommt), das mache ich nicht mit, und bin Richtung Lehramt auf die Fächer Bio und Chemie abgebogen.
FAL: Ich habe lange überlegt, welche Fächerkombination ich nehme. Vorher wollte ich eigentlich Nautik studieren und zur See fahren, dass ist heute aber nicht so zukunftsträchtig, weil den größten Teil in zehn Jahren wohl Computer machen werden, das war auch damals schon absehbar. Dann habe ich zwischen Physik und Mathe als zweitem Fach geschwankt. Ich fand das Mathe-Studium interessant, nach wie vor auch reizvoll, aber ich habe mir Chemie spannender zu unterrichten vorgestellt, weil man dort, wie in Physik, etwas Praktisches machen kann. In Mathe hatte ich etwas Bammel, dass mir das zu wenig Abwechslung bietet, vielleicht lag das auch an meinen Mathelehrern damals.
Nachfrage Red.: Haben Sie die beiden Fächer dann direkt auf Lehramt studiert?
FAL: Ich habe Physik und Chemie direkt auf Lehramt studiert.
GEB: Meine Mutter ist Lehrerin und deshalb war der Berufswunsch schon immer klar. Chemie war eigentlich immer mein Lieblingsfach, deshalb stand das im Nachhinein direkt fest und dann habe ich überlegt, was gut dazu passt, und bin so auf Mathe gekommen. Heute würde ich immer sagen, ich mache Mathe aber kein Chemie, und würde stattdessen etwas anderes unterrichten, Kunst wäre mein Traum. Wenn die Kinder älter sind, dann studiere ich nochmal Kunst. Chemie ist gut, aber Mathe ist meine Leidenschaft.
SPE: Ich wollte schon immer Lehrerin werden. Wie bei Frau Gebler stand Chemie immer fest, ich habe auch an der Schule alles an AG’s und ähnlichem mitgenommen. Mein zweites Lieblingsfach wäre Englisch gewesen, aber zu DDR-Zeiten wurde das nur alle zwei Jahre angeboten, was daran lag, dass diese Fächer erst ab der siebten Klasse unterrichtet wurden. Dann habe ich überlegt, was ich noch gut kann und wozu ich Lust hätte, es noch zu unterrichten, und habe mir bei Mathe gedacht, dass das schon eine coole Sache ist, auch vom Korrigieren (lacht). Eine sehr pragmatische Entscheidung, mit der ich gut gefahren bin.
Einwurf PRE: Sehr weise Entscheidung! Da ist Bio viel mehr.
SPE: Wenn ich mir vorstellen müsste, ich müsste Englisch korrigieren, da freue ich mich jedes Mal über den Mathe-Stapel. Ich würde zwar gerne mehr Englisch sprechen, aber dafür kann ich es ja lesen.
(im Hintergrund angeregter Austausch über die Korrekturzeiten von verschiedenen Fächern)
FUS: Ich habe mir damals überlegt, welche Leistungskurse ich wählen kann, und bin da absolut nach Interesse gegangen und habe dann schließlich Bio und Chemie gewählt. Relativ früh habe ich dann schon genauso viele Blicke hinter wie vor die Kulissen geworfen, was sich auf meine Noten vielleicht etwas negativ ausgewirkt haben mag (lacht). Ich hatte Frau Pressel als Leistungskurs-Lehrerin in Biologie und Herrn Kapp als Leistungskurs-Lehrer in Chemie und habe von beiden in meiner Lehrerpersönlichkeit heute etwas zurückbehalten bzw. übernommen. Die beiden sind also dafür verantwortlich, dass ich heute Lehrer bin. Damals hatte ich aber eine ganze Reihe von Lehrerinnen und Lehrern, die mich sehr inspiriert haben, und dann habe ich gedacht, wenn man so unter anderem Biologie und Chemie unterrichten kann, möchte ich das auch machen. Es war für mich klar, dass ich etwas mit Menschen machen möchte und nicht irgendwo im Büro oder Labor versauern will. Im Studium war es nochmal eine Überlegung, ob ich mich doch noch gegen den Weg des Lehramts entscheide und in die Wissenschaft gehe, aber die Zukunftsvision im Labor als Alleinkämpfer hat mich stark davon abgehalten. Das war eine sehr gute Entscheidung!
Nachfrage Red.: Wie läuft die Zusammenarbeit mit einer ehemaligen Lehrerin?
FUS: Ich mache natürlich immer noch, was Frau Pressel sagt (allgemeines Lachen)! Der Knicks morgens ist natürlich auch Pflicht. Nein (Quatsch beiseite), aber wir haben schon häufiger bei Unterrichtseinheiten zusammengearbeitet.
Eine meiner Lieblingsgeschichten ist die, dass ich 2016 mit meinen beiden Leistungskurs-Lehrern zusammen eine mündliche Prüfung gemacht habe: Der eine war Prüfungsvorsitzender, die andere Protokollantin und ich der Prüfende. Doch eine etwas skurrile Situation, aber immerhin kann nicht jeder von sich behaupten, so etwas gemacht zu haben.
Wie sind Sie Chemielehrer am Katharineum geworden?
BEL: Ich hab ja schon ordentlich ausgeholt. Innerhalb des Lehrerjobs habe ich mein Referendariat in Düsseldorf gemacht und habe mich dann direkt in Schleswig-Holstein beworben, weil ich wieder nach Hause an die Küste wollte. Wenige Tage, nachdem ich das abgeschickt hatte, klingelte schon das Telefon bei mir, noch vor meinem Examen, und Herr Schmittinger hat mich angerufen. Er hat gefragt, was ich für Noten habe, und die haben ihm scheinbar gefallen, und seitdem (10 Jahre) bin ich hier.
FAL: Ich bin noch im Referendariat und hab mein Staatsexamen Ende Mai (Anm. d. Red.: Mittlerweile sehr erfolgreich bestanden. Herzlichen Glückwunsch!). Ich war 2017 mal als Praktikant 3-4 Wochen hier an der Schule, im Zuge meines Studiums in Kiel.
PRE: Ich kam nach dem Referendariat an das Katharineum.
GEB: Ich habe in Dresden studiert und bin dann nach Lübeck gegangen, weil die mehr Referendare übernommen haben als in Sachsen. Ich bin dann am Johanneum gelandet und habe dort mein Referendariat gemacht. Währenddessen haben die Schulleiter mich schon untereinander verschachert, und so bin ich hier gelandet (lacht).
SPE: Ich habe in Halle studiert und in Stade mein Referendariat gemacht. Danach bin ich nach Lübeck gekommen, zuerst fünf Jahre an der Prenski-Schule, dann noch am Trave-Gymnasium und hier ist jetzt meine dritte Station.
FUS: Ich habe in Osnabrück studiert und in der Nähe, in Georgsmarienhütte – oder kurz GM-Hütte oder ganz dirty: Hütte – mein Referendariat gemacht (lacht). Eine sehr nette 30.000-Seelen-Stadt und auch eine sehr nette Schule mit schönem Umfeld, an der ich gerne geblieben wäre, aber ähnlich wie bei Herrn Belaya war klar, dass der Weg wieder in den Norden gehen würde, zurück in die Heimat. Ich habe es dann auch in Lübeck probiert, aber da war zunächst keine Stelle mit dem Fach Chemie zu bekommen, so bin ich dann in Norderstedt gelandet und habe da zwei Jahre gearbeitet. Auch diese Schule hat mir sehr wertvolle Erfahrungen beschert und ich habe auch dort sehr gerne unterrichtet. Das war ein naturwissenschaftlich orientiertes Gymnasium, aber mit dem sehr zeitintensiven Pendeln von Lübeck nach Norderstedt und zurück war das eine sehr anstrengende Phase. Über einen ehemaligen Schulleiter bin ich dann in das Gespräch mit Herrn Schmittinger gekommen und konnte so die Nachfolge von Herrn Resch antreten, der exakt meine Fächerkombination hatte und von dem ich dann das mehr oder weniger unveränderte Schlüsselbund bekommen habe (von einigen Schlüsseln weiß ich noch immer nicht, wofür sie sind).
Arbeitet die Chemie-Fachschaft eng zusammen und was machen Sie gemeinsam?
BEL: Das ist eine globale Frage …
SPE: Wir arbeiten sehr eng zusammen, das kann man schon so sagen.
PRE: Von gemeinsamen Unterrichtseinheiten bis interaktiven Übungen auf Ilias haben wir einen großen Austausch. Es gibt zusätzlich noch einen gemeinsamen Austausch zwischen Herrn Fust, Herrn Kaffka und mir. Auch wenn jemand einen Versuchsaufbau schon aufgestellt hat, kann ihn der nächste auch weiter benutzen. Es ist schon ein Geben und Nehmen, wenn jemand etwas gefunden hat, wird das nicht hinter der Hand gehalten, sondern weitergegeben. Oder auch, wenn ich eine Klausur konzipiert habe, dann bekommt z.B. Herr Falkenhain die auch.
(Anm. d. Red.: Gut zu wissen für die Schüler:innen!)
PRE: Ich sag mal so, man kann in der SV so viele Klausuren sammeln wie man will, wenn man die alle durchgearbeitet hat, hat man auch etwas für die Klausur getan. Von das aus ist es ein gegenseitiger Wettlauf (lacht).
BEL: Mit den neuen Medien stimmen wir uns auch ab: Welche Technik wollen wir einsetzen? Ist da ein funktionierendes HDMI-Kabel? Das ist eine Dauerbaustelle, bei der immer etwas zu pflegen ist, deshalb muss man das auch untereinander abstimmen.
FUS: Wir sind auch nach und nach alle auf das Tablet umgestiegen. Wir haben auch ein Chemie-Tablet, mit dem wir arbeiten.
PRE: Schon vor Corona, muss man sagen!
Nachfrage Red.: Also integrieren Sie die modernen Medien sehr in den Unterricht?
PRE: Wir arbeiten nicht nur mit digitalen Medien, dazu liebe ich die Experimente zu sehr. Die habe ich auch in der Corona-Zeit sehr vermisst, wie auch viele Schüler:innen. Natürlich kann ich über YouTube die Experimente auch zeigen, aber es ist schon was anderes, die Experimente im Chemie-Raum selbst zu machen. Aber ansonsten integrieren wir die digitalen Medien schon länger in den Unterricht, ob das nun Kahoot!-Spiele während der BBB zum Üben und Wiederholen ist … – machst du ja auch, Frau Spenner, – oder oder …; das ist ein kunterbuntes Gemenge aus verschiedenen Möglichkeiten.
BEL: Der nette Nebeneffekt ist, dass man nicht mehr auf die schulische Infrastruktur angewiesen ist. Wir haben unser eigenes Gerät, man braucht zwar noch die Schnittstelle, den Beamer, aber ich bin nicht mehr auf den stationären Rechner angewiesen, ob der nun läuft oder einen schlechten Tag hat. Das liegt jetzt alles bei mir.
SPE: Meistens unterrichten wir im Übungsraum und da funktioniert auch das Smartboard gut, und damit hat man dann auch noch mal ein sehr leistungsstarkes Gerät, bei dem es mühelos ist, das Tablet o.ä. anzuschließen und Dinge zu zeigen.
Mitte März fand die 2. Runde des Wettbewerbs „Chemie, die stimmt“ statt, es haben sich zwei Schüler, Hermann Brusilovskyy und Arno Ziemann aus der 8c qualifiziert, wie wurde der Wettbewerb bestritten?
SPE: Das ist ein Wettbewerb, der sonst in drei Runden stattfindet. Die erste Runde ist eine Hausarbeit, die abgeliefert werden muss. Die zweite Runde ist immer ein sehr schöner Tag, weil man entweder nach Hamburg fährt oder vor zwei Jahren bin ich nach Louisenlund (bei Schleswig an der Schlei) gefahren, dass war ein wunderschöner Tag. Mit Mittagessen, einer wunderschönen Umgebung, dann haben die Kinder ein bisschen Klausur geschrieben, wir haben ein bisschen korrigiert, es ist einfach ein Erlebnis. Man kann sich anschauen, wie andere Unterricht machen, und was das Bildungssystem noch für Möglichkeiten bietet. Wir sind bei diesem Wettbewerb seit Jahren dabei, auch erfolgreich. Wir haben immer wieder Schüler:innen, die sich für die zweite oder dritte Runde qualifizieren und dort gewonnen haben. Es kommen Teilnehmer aus ganz Hamburg und Schleswig-Holstein.
Dieses Jahr war es etwas anders, da ist zeitgleich an diesem Tag in allen Bundesländern der Wettbewerb durchgeführt worden mit leicht variierten Aufgaben. Das Ganze fand online statt und es war spannend zu sehen, welch riesige Organisation dahinter stand.
Ich hatte meine beiden Schüler in die Schule bestellt, die sollten hier Klausur schreiben. Dann ist der eine der beiden aber leider krank geworden, von daher hab ich dann noch den Spagat hinlegen müssen, dass er zu Hause mit BBB-Beobachtung schrieb und der andere Junge das hier in der Schule gemacht hat. Zu einer bestimmten Uhrzeit wurden Lösungen hochgeladen und es gab einen „Support-Raum“, in dem auch noch Fragen beantwortet wurden. Das war wirklich super organisiert.
Haben die zwei Schüler eine besondere Vorbereitung durch Sie erhalten?
SPE: Dieses Jahr weniger. Es war so, dass die Aufgaben der vorangegangen Jahre auf der Homepage des Veranstalters zu finden waren, und man sich diese nochmal angucken konnte. Aber in diesem Jahr mit Corona und den ganzen Umstellungen, die wir hatten, und zwei Schülern war mir das zu viel und ich habe es einfach nicht geschafft.
Letztes Jahr waren wir mehr am Start, da hatten wir auch mehr Schüler:innen, die daran teilgenommen haben. Die Schüler:innen mit denen ich vor zwei Jahren nach Louisenlund gefahren bin, waren auch völlig beseelt von dieser Atmosphäre und dem Wettbewerb, dass die sich bereit erklärt haben, den jüngeren Schüler:innen auch noch ein bisschen Nachhilfe zu geben.
PRE: Ich habe mit den Schülern auch noch ein bisschen stöchiometrisches Rechnen geübt, weil das etwas ist, das man im Chemie-Unterricht weniger macht, auch weil die Zeit fehlt. In anderen Bundesländern wird früher mit dem Fach angefangen und die haben da einen großen Vorteil und Vorsprung, da probieren wir als Lehrer, ein bisschen für Chancengleichheit zu sorgen: Man guckt sich an, welche Aufgaben es in den letzten Jahren gab, bzw. welche immer wieder kehren, und die probieren wir den Schüler:innen dann noch näher zu bringen.
Die Fortsetzung mit dem zweiten Teil des Interviews folgt in wenigen Tagen.
Redaktion der Website-AG