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Rekordverdächtiges Debattieren – die Regionalrunde von Jugend debattiert

Rekordverdächtiges Debattieren – die Regionalrunde von Jugend debattiert

Noch nie gab es in Lübeck einen Jugend-debattiert-Wettbewerb mit so vielen teilnehmenden Schulen wie dieses Jahr. Ganze neun Gymansien in und um Lübeck waren am 21. Februar in der Aula des Katharineums versammelt, um gemeinsam in die zweite Runde des Wettbewerbs zu starten, gemeinsam zu argumentieren und sich mit aktuellen Streitfragen auseinanderzusetzen.

Zu Besuch waren das Küstengymansium aus Neustadt, das Emil-von-Behring-Gymnasium aus Großhansdorf, das Kopernikus Gymnasium aus Bargdeheide, die Ernestinenschule und das Johanneum, das Carl-Jacob-Burckhardt-Gymnasium, das Leibniz Gymnasium und das Gymnasium am Mühlenberg aus Bad Schwartau und die Stormarnschule aus Ahrensburg.

Das Debattieren dient nicht nur dazu, zusammen Spaß zu haben, sondern es übt auch, sich präziser auszudrücken und sachorientiert Meinungen zu äußern. Beim Debattieren werden Fähigkeiten vermittelt, die für das spätere Leben wichtig sind. Man lernt rücksichtsvoller, aber auch zielgerichteter Probleme zu lösen und dabei abweichende Meinungen zu tolerieren.

Nach einer kurzen Einführung in die Debattenregeln, sowie einem kleinen „Jury-Coaching“ von Frau Gerresheim, die Organisatorin der Veranstaltung, starteten alle Debattant:innen in die erste Runde.

Das Streitthema “Sollten die Städte unserer Region zu Schwammstädten umgebaut werden?“ befasst sich mit der Sicherheit der Bürger:innen in und um Lübeck. Nach den langen Regentagen der letzten Monate und den damit verbundenen Wasserschäden gab es aktuelle Beispiele, die dem Streitgespräch eine besondere Brisanz verliehen.

Die Pro Seite erklärte zu Beginn in der Eröffnungsrede den Begriff „Schwammstadt“. Das Ziel so einer Stadt ist es, Überflutungen zu verhindern und Wasserschäden zu dezimieren. Da unsere Region nah am Wasser liegt und von maritimen Klima geprägt ist, sprach diese Streitfrage ein regionales Thema an, das alle Debattierenden betraf. Die Contra-Seite reagierte mit dem Argument des Kosten-Nutzen-Verhältnisses. Sie vertraten die Ansicht, dass es im Moment wichtigere Dinge gäbe, als Wasserschäden entgegenzuwirken, und dass Schwammstädte mehr Aufwand und Kosten als Nutzen mit sich brächten. Ihrer Auffassung nach sollte man „das Problem an der Wurzel bekämpfen“, also zum Beispiel in den Küsten- oder Klimaschutz investieren.

Darauf war die Pro-Seite vorbereitet und brachte als Beispiel Kopenhagen als Schwammstadt in die Debatte ein. Kopenhagen baut sich seit 2011 in eine Schwammstadt um und diente der Pro-Seite als Vorbild für ihre Durchführung und Lösungsansätze. Ein weiteres Beispiel der Pro-Seite war die Überflutung im Stadtpark. Nach dem starken Niederschlag der letzen Wochen wurden große Teile der Stadtparkwiesen überschwemmt und somit für Besucher unzugänglich. Laut der Pro-Seite zeigte dies, wie aktuell und wichtig ein solches Projekt ist. Daraufhin wies die Contra-Seite auf Probleme in der Durchführung hin. Ein großer Teil von Lübeck steht unter Denkmalschutz: Umbauten wären nicht möglich oder würden zu viel Zeit in Anspruch nehmen.

Nach einer kurzen Pause, in der sich die Debattant:innen in ihren neu zugeordenten Teams zusammenfanden und ihre Taktik und Argumente für die nächste Runde besprachen, begann die zweite Debattenrunde der Veranstaltung. Die Alterstufe 1 (Mittelstufenschüler:innen) fragte sich diesmal, ob Jugendliche dazu verpflichtet werden sollten, sich bei der Feuerwehr zu engagieren.

Die Pro-Seite argumentierte, dass ein solches Engagement nur wenig Zeit beanspruchen würde, dafür aber von großen Nutzen sein könnte. In den letzten Jahren wurde immer häufiger Kräftemangel bei der Feuerwehr gemeldet und aus der Sicht der Pro-Seite, sei die Pflicht, sich bei der Feuerwehr zu engagieren, eine Gelegenheit und auch ein guter Ansatz, dieser Personalknappheit entgegenzuwirken. Die Contra-Seite wies auf mehrere Probleme hin. Eine Pflicht könnte demotivieren oder abschrecken. Es gäbe andere Methoden, Fähigkeiten wie Brandschutz zu vermitteln, sagten sie. Auch der Begriff „Kapazität“ fiel in der Debatte häufig. Nach Angaben der Contra-Seite mangelte es der Feuerwehr an Räumlichkeiten und Personal, wöchentlich mehrere Schulkassen aufzunehmen und diese zu unterrichten.

Dies versuchte die Pro-Seite zu entkräften und erklärte ihr Vorhaben, die unterschiedlichen Klassen auf Gemeinden aufzuteilen. Die Debattant:innen sprachen von einer Tür, die durch dieses verpflichtende Engagement geöffnet werden könnte, eine Tür, die den Weg zur sozialen Arbeit, die laut Pro-Seite auch sehr viel Spaß mit sich bringe, öffnen könnte. Zum Ende der Debatte betonte die Contra-Seite noch einmal, dass eine Pflicht nicht zielführend sei. Auch am Ende dieser Diskussion standen sich die beiden Seite noch gegenüber und hätten wohl am liebsten weiter debattiert.

Währenddessen debattierten die Schüler:innen der Altersstufe 2 über die Frage, ob Videospiele und Apps, die In-Game-Käufe enthalten, für Minderjährige verboten werden sollten.

Gerade in einer Zeit, in der es immer mehr digitale Möglichkeiten gibt, war dies eine Streitfrage, die alle stark beschäftige, was man auch während der Debatte bemerken konnte. Besonders in der freien Aussprache spürte man als Zuschauer, dass alle vier Debattanten von diesem Thema ergriffen waren und mit viel Leidenschaft ihre jeweiligen Positionen vertraten. Die Pro-Seite forderte, eine Verifizierung in App Stores einzuführen, um zu überprüfen, ob die interessierte Person bereits volljährig ist. Sie erklärte, dass es sonst zu Glücksspielsucht bei Kindern kommen könnte und sahen die Sicherheit der Kinder gefährdet. Darauf antwortete die Contra-Seite mit dem Beispiel des Good Notes-Programms. Good Notes ist eine Notizen-App, die unter anderem auch In-App Käufe beinhaltet und bei Oberstufenschüler:innen, auch hier am Katharineum, sehr beliebt ist. Mit diesem Beispiel stützte die Contra-Seite ihr Argument, dass es überall in der digitalen Welt In-App-Käufe gäbe und sie deshalb nur schwer vermeidbar wären. Auch wären In-App-Käufe wichtig für die Wirtschaft, da Betreiber meist nur so ihr Geld verdienen.

Danach versammelten sich alle Teilnehmer und Zuschauer in der Aula. Es lag eine angespannte, aber freudige Stimmung in der Luft – die Verkündung der Finaldebattant:innen, also diejenigen, die sich einen Platz in der Finaldebatte erkämpft hatten, stand bevor. Leider schaffte es dieses Jahr keiner der Schüler:innen des Katharineums in die Finaldebatte der zweiten Runde. Die diesjährigen Kandidaten der Finaldebatte, die alle nun die Chance hatten, um den Platz als Regionalsieger:in zu kämpfen, waren Nina Postel (Emil-von-Behring-Gymnasium), Janice Braun (Küstengymnasium), Smilla Egtved (Leibnizgymnasium) und Leonor Carvajal (Stormarnschule) für die Alterstufe 1 und Robert Heinrich (Stormarnschule), Simon Tautz (Ernestinenschule), Lina Millat (Stohrmarnschule) und Ben Plaumann (Stohrmarnschule) für die Altersstufe 2, die alle mit großem Applaus beglückwünscht wurden.

Um den Debattant:innen die Möglichkeit zu geben, kurz durchzuatmen und sich zu sammeln, um für die nächste und auch wichtigste Debatte der Veranstaltung – die Finaldebatte – vorbereitet zu sein, wurde eine Mittagspause eingelegt. Bei der Finaldebatte kämpfen die vier besten Kanidaten:innen der Vorrunden um den Platz als Regionalssieger und um ein Ticket für das Landesfinale. Wer im Landesfinale siegt, hat die Chance, für Schleswig-Holstein im Bundeswettbewerb in Berlin zu debattieren. Die Bundessieger der Altersstufe 2 werden zur Aufnahme in die Studienstiftung des Deutschen Volkes vorgeschlagen. Landessieger können vor Landtagswahlen bei „Jugend debattiert mit Spitzenkandidaten“ auftreten.

In der Finaldebatte frage sich die Altersstufe 1, ob Hassrede im Internet stärker bestraft werden sollte. Die Pro-Seite forderte stärkere Filter auf Social-Media-Plattformen und ein konsequenteres Sperren von Accounts, die Hassrede verbreiten. Eine beleidigende oder drohende Aussage sollte laut Pro-Seite mit einer Geldbuße bestraft werden. Die Contra-Seite reagierte darauf mit Einwänden, dass gegen Hassrede im Internet bereits etwas getan werde. Es gäbe Probleme, die Täter zu identifizieren, ohne dabei Grundrechte zu verletzen, sagten sie und nannten das Beispiel der Neologismen. Mit diesen neu erfundenen Wörtern und dem Ersetzen von Buchstaben mit anderen Schriftzeichen, gäbe es Wege, Filter und damit auch Bestrafungen zu umgehen. Sie schlussfolgerten, dass KI allein nicht ausreichen würde, um Hassrede entgegenzuwirken.

In der Debatte waren sich beide Seiten einig, dass Hassrede und Diskriminierung im Internet ein Problem sind, gegen das etwas unternommen werden muss. Sie stritten aber über die Umsetzung und die Lösungsansätze, wie wir Hassrede aufhalten und eindämmen können. Gegen das Bespiel der Neologismen argumentierte die Pro-Seite, dass Täter durch IP-Adressen nachverfolgt werden könnten. Sie sprachen außerdem von den Folgen, die Hassrede mit sich bringt. Es werden immer häufiger Suizidversuche wegen Diskriminierung im Internet gemeldet. Hassrede überträgt sich auf das reale Leben und ein „Wohlfühlen in Internet“ ist nicht mehr gewährleistet.

Über die Streitfrage wurde mit so viel Leidenschaft debattiert, sodass es der Jury durchaus schwer gefallen sein muss, eine Siegerin zu nominieren. Das Ausdrucksvermögen, die Sachkenntnis, die Gesprächsfähigkeit der Debattantinnen überzeugte die Jury wie auch das Publikum sehr. Doch Smilla Egtved vom Leibnizgymnasium stach am Ende mit ihren präzisen Formulierungen und ihrer leidenschaftlichen Verteidigung der Pro-Seite heraus und gewann ihr Ticket zum Landesfinale. Den zweiten Platz besetzte Janice Braun vom Küstengymnasium, die ebenfalls nach Kiel reisen wird.

Bei der Debatte der Alterstufe 2 verlief es nicht weniger spannend. Sie debattierten über die Frage, ob jeder Mensch in Deutschland zum 18. Geburtstag ein Grunderbe erhalten sollte. Die Pro-Seite begann, ihre Gründe für dieses Vorhaben zu erklären. Ungleichheit werde schnell Ungerechtigkeit, meinten sie und forderten ein Grunderbe von 20.000 Euro, dass durch höhere Erb- und Schenkungsabgaben finanziert werden sollte. Sie wollen damit eine soziale Gleichheit in allen Schichten schaffen und der Allgemeinheit ein gutes Startkapital gewährleisten. Dagegen argumentierte die Contra-Seite, dass es problematisch sei, die Reichen zu besteuern, weil es zu Kapitalflucht kommen könnte. Darauf war die Pro-Seite vorbereitet und erklärte, dass eine solche Umverteilung des Kapitals ein Sprungbrett für die Weiterentwicklung sei, weil so wirtschaftlicher Fortschritt generiert werde. Auch könne ein solches Startkapital als finanzielle Grundlage für Bildung genutzt werden. Die Contra-Seite wies bei diesem Argument auf Probleme hin. Es gäbe bereits finanzielle Unterstützung in Form von BAFöG, sagten sie.

Auch hier beriet die Jury lange. Robert Heinrich von der Stohrmarnschule gewann schließlich den Regionalswettbewerb am Katharineum und darf zusammen mit dem Zweitplatzierten Ben Plaumann ebenfalls von der Stohrmarnschule im Mai im Landesfinale debattieren.

Ein großer Dank geht an Frau Gerresheim, die ein weiteres Jahr die Jugend-debattiert-Veranstaltung mit viel Mühe und großem Engagement organisiert hat. Und natürlich auch an alle Debattant:innen und Nachrücker:innen, die sich mühevoll auf die Debatten vorbereitet und Großartiges geleistet haben. Ein weiterer Dank geht a die Juror:innen, ohne die es keinen Regionalwettbewerb gegeben hätte, und die Projektlehrer:innen, die ihre Schüler:innen vorbereitet und unterstützt haben. Auch die Helferklasse 9c, das Turnierbüro und die Technik-AG haben entscheidend dazu beigetragen, dass die Veranstaltung einer voller Erfolg werden konnte. Nicht zu vergessen ist unser engagierter stellvertretender Schulleiter Herr Poetzsch-Heffter, der im laufenden Schulbetrieb zahlreiche Räume für uns freigeblockt hat – vielen Dank!

 

 

Redaktion des Website-Team

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