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Was machen unsere Schüler:innen im Gefängnis?!

Englandaustausch 2020

Am 06.10. besuchten wir als Religionskurs mit Frau Brandt die Lübecker Justizvollzugsanstalt.

Ist der Mensch von Natur aus böse? Wann und wie wird bestraft und wodurch ist Strafe gerecht? Diese Fragen waren Themen unseres Unterrichts. Daher bekamen wir die Möglichkeit, uns das Ganze in der Realität anzusehen.

Wir überlegten uns Fragen an einen Inhaftierten, den wir dort treffen würden. Doch bis zu unserem Besuch blieb offen: Wer ist die Person und warum ist sie da?

Beim Gefängnis angekommen, mussten wir zuerst unsere Ausweise abgeben, zudem wurden wir durchsucht. All unsere Sachen wurden eingeschlossen, die kleinsten Dinge aus den Hosentaschen mussten raus. Die Ernsthaftigkeit, mit der wir unter die Lupe genommen wurden, machte uns zunehmend nervös. Auch, wenn wir natürlich keine bösen Absichten hatten, waren wir erleichtert, sobald wir uns in den Warteraum begeben durften.

Kaum waren wir dann alle überprüft, bekamen wir eine Tour über das Gelände des Gefängnisses sowie Einblicke in eine unbewohnte Zelle und einen Sicherheitsraum, der zum Fixieren renitenter Häftlinge genutzt wird. Beim Gang über das Gelände konnte einem ein wenig mulmig zumute werden, da einige der Insassen von ihren Fenstern aus zu uns riefen und pfiffen. Im Gegensatz dazu begegneten uns auf dem Flur in Begleitung eines Justizvollzugsbeamten ein paar Inhaftierte, die dort in der Küche arbeiten und uns freundlich grüßten. Doch so oder so war es eine ungewöhnliche Situation.

Nachdem wir einiges gesehen und erklärt bekommen hatten, wurden wir in die Kapelle geführt. Als der Inhaftierte dann zu uns kam, freute er sich sichtlich über den Besuch. Das Gespräch erfolgte in Begleitung der Pastorin sowie eines Justizvollzugsbeamten. Unser Gesprächspartner, genannt „Max Mustermann“, erzählte uns von sich und seiner Zeit in Haft und beantwortete all unsere Fragen. Überraschenderweise wirkte es beinah wie ein normales Gespräch. Man lernt jemanden neu kennen, ihn und seine Geschichte, nur dass wir einen Gefängnisinsassen kennenlernten und über seine Straftaten sprachen.

Wegen exzessiven Handels mit Betäubungsmitteln war er schuldig gesprochen worden. Er erzählte uns, wie es dazu erstmals und nach seiner Entlassung erneut gekommen war, wie die Polizei ihm auf die Schliche kam, seine Gedanken zu allem damals und heute. Er deutete an, dass er nach seiner ersten Inhaftierung kaum Reue empfunden und die Zeit in Haft nicht ernst genug genommen hatte. Nun ist seine Frau erst einmal alleinerziehend mit dem gemeinsamen Kind, was ihm die Auswirkungen seiner Taten zu verdeutlichen scheint.

Gerne hätten wir noch mehr erfahren, aber dafür blieb nicht genug Zeit. Auch ein Justizvollzugsbeamter war da, um mit uns zu sprechen, uns etwas über seinen Beruf zu erzählen. Zum Abschluss beendeten wir die Tour über das Gelände, das einige Gebäude mit unterschiedlichen Funktionen umfasst, wie dem offenen oder dem geschlossenen Vollzug, einem Kranken-/Therapiehaus, einer Schule sowie einem Sportplatz und einem Garten etc.

Der Besuch hat bei uns allen Eindruck hinterlassen, wir haben viel Interessantes erfahren. Während unseres Gesprächs mit dem Straftäter haben wir gemerkt, dass wir zunehmend Sympathie und Mitleid für ihn empfanden. Strafe objektiv zu beurteilen, ist kaum möglich, wenn man persönliche Einblicke bekommt. Motive können viel simpler sein als jene, die Menschen zu „bösen“ Menschen machen, jedoch darf man die Konsequenzen eines Delikts nicht außer Acht lassen. Klare Antworten auf unsere thematischen Fragen scheint es wohl nicht zu geben. Aber weitere Urteile liegen ja auch nicht in unserer Hand … vielleicht ja später einmal.

Sarah Brachetti, Q1a

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