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viv@t: Ovid als Kulturtransfer …

viv@t: Ovid als Kulturtransfer …

… oder: Latein, Kunst, Musik – wie passt das zusammen? 
Als wir im Sommer 2019 als geteiltes Profil mit Latein und Kunst zusammengesetzt wurden, war das Highlight der gemeinsamen Oberstufenzeit schon klar: die Kursfahrt nach Rom im Frühjahr 2021. Als dann im März 2020 alle vom Lockdown überrascht wurden, wurden erste Zweifel an diesem Plan laut. Schnell wurde aus Rom Trier und ein leichtes Gefühl der Enttäuschung verbreitete sich in der Klasse. Trotzdem überwog die Vorfreude auf die gemeinsame Zeit und auf einen lebensnahen Einblick in die Geschichte, die im Lateinunterricht bis dato zwar anschaulich, aber eben oft theoretisch vermittelt werden konnte. Diese Stimmung hielt allerdings nicht lange an, denn es wurde klar, dass wohl auch dieser Plan Pandemie-bedingt ins Wasser fallen würde.

Um dennoch als Klasse Zeit zu verbringen und gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten, nahmen wir die Idee, für die Aufführung der Goldberg-Variationen eines Lübecker Streichtrios das Bühnenbild in Form von Filmsequenzen zu entwerfen, dankend an. Als Vorarbeit haben wir im Lateinunterricht intensiv die Metamorphosen von Ovid, also mythologische Verwandlungsgeschichten, übersetzt, analysiert, interpretiert und diese schließlich mit einem Rezeptionsdokument aus der Kunst verglichen. Anschließend haben wir uns mit dem Verwandlungsmotiv und dem Thema Liebe in unserer Metamorphose beschäftigt. Dann ging die Studienwoche im Schuppen 6 schon los. Wir fanden uns in Profil-gemischten Dreiergruppen zusammen, wodurch die Lateiner:innen ihre Expertise bezüglich der Metamorphosen und die Künstler:innen bezüglich der künstlerischen Umsetzung einbringen konnten. Die Herausforderung war hierbei, die zeitlose Gültigkeit der altsprachlichen Metamorphose und die Goldberg-Variation mit dem modernen Mittel Film zusammenzubringen, wobei das verbindende Glied Zitate zum Thema Liebe aus Ovids Werken waren.

Für die Lateiner:innen war das Highlight sicherlich das virtuelle Gespräch mit Raoul Schrott, einem Literaturwissenschaftler, Schriftsteller und Komparatisten, der unter anderem durch seine moderne Übersetzung der „Ilias“ bekannt geworden ist. Wir erhielten spannende Einblicke in die Herangehensweise eines professionellen Übersetzers und in sein Verständnis seiner philologischen Arbeit: Der Übersetzungsprozess sei immer ein “Kulturtransfer”, daher dürfe man nicht “Wort für Wort, sondern Sinn für Sinn“ übersetzen. Ganz generell sei “Literatur eine Weltverarbeitungsmaschine” und das regelmäßige Übersetzen “das beste Lehrmittel, das ich kenn.” Aus diesem Gespräch nehmen wir viele interessante Gedanken mit, für die wir sehr dankbar sind.

Wir blicken auf eine herausfordernde, aber vor allem spannende und bereichernde Woche zurück, die uns erneut die Zeitlosigkeit von lateinischen Texten aufgezeigt hat. Und für diejenigen unter uns, die noch der Rom Fahrt nachtrauerten, lieferte die L´Osteria zuverlässig ein tägliches Stückchen Rom in den Schuppen 6. Es war schön, den Austausch zwischen den beiden Profilen zu erleben und dabei als Klasse weiter zusammenzuwachsen. Dafür danken wir Frau Frank und ihrem Streichertrio, die uns diese Möglichkeit erst eröffnete, unseren Profillehrkräften Herrn Leibersperger und Frau Asmussen, die viel Zeit und Mühe investiert haben, damit wir in dieser belastenden Zeit eine unbeschwerte Woche gemeinsam verbringen konnten, und Raoul Schrott, der sich spontan die Zeit nahm, um uns einen Einblick in seine Arbeit zu geben.

Wir haben gelernt: Kulturtransfer, oder: Latein, Kunst, Musik: das passt sehr gut zusammen.

Talia,  Nico & Greta, 

für das Lateinprofil der Q1a