Jugend debattiert ist nun schon etwas länger eine Veranstaltung, die Teil des Katharineums ist. Jedes Jahr treffen Schüler:innen aufeinander und debattieren über aktuelle Themen. Am 1. Oktober sah die Veranstaltung jedoch etwas anders aus. Zum ersten Mal am Katharineum traten Schüler:innen aus Sprachlernklassen, also Schüler:innen deren Muttersprache nicht Deutsch ist, im Debattieren gegeneinander an. Im Gespräch teilte Maksym, der bei der Veranstaltung das Katharineum vertrat, seine Erfahrungen, Herausforderungen und Gefühle mit uns.
Was ist Jugend debattiert für Sprachlernklassen eigentlich?
Also, Jugend debattiert ist eine Veranstaltung, wo zwei Seiten sind, einmal Pro, einmal Contra. Es gibt ein Thema und darüber wird dann halt debattiert. In Deutschland gibt es das schon länger, aber so zwischen DaZ-Schülern gibt es das nicht so lange. Es wurde entschieden, dass es gut wäre, wenn es eine Debatte zwischen DaZ-Schülern geben würde, damit alle sich gleich fühlen.
Was genau hat dann letzte Woche stattgefunden?
Am 1. Oktober hat der Länderwettbewerb stattgefunden. Es sind Schüler aus unterschiedlichen Bundesländern gegeneinander angetreten. Und das war auch online.
Wie kam es zu deiner Teilnahme?
Ich habe Debattieren in der deutschen Klasse mit Frau Gerresheim kennengelernt, als wir das im Unterricht als Thema hatten. Ich habe im Deutschunterricht eine zwei fürs Debattieren bekommen und deshalb hat Frau Gerresheim Frau Behrend gesagt, dass ich gut im debattieren bin. Frau Behrend hat dann gelernt, wie man DaZ-Schüler für Debatten ausbildet. Vor den Sommerferien hat sie dann zu mir gesagt, wenn du Lust hast, kannst du irgendwann im September oder Oktober bei Jugend debattiert für DaZ-Schüler teilnehmen. Und da habe ich ja gesagt. Danach sind wir letztes Schuljahr noch nach Bremen gefahren, um uns anzugucken, wie sie das machen. Denn in Bremen gibt es schon etwas länger Jugend debattiert für Sprachlernklassen.
Frau Behrend ist jetzt die erste Lehrerin in Schleswig-Holstein, die dafür ausgebildet ist, DaZ-Schüler auf Jugend debattiert vorzubereiten. Und ich war halt der erste und einzige Schüler von Schleswig-Holstein, der mitgemacht hat. Deswegen bin ich sofort in den Länderwettbewerb gekommen, um gegen die anderen Bundesländer, die auch schon diese Art von Jugend debattiert haben, anzutreten . (lacht)
Warum hast du mitgemacht?
Als wir Debattieren mit Frau Gerresheim gemacht haben, hat mir das sehr gefallen. Und das Debattieren ist auch für das Allgemeinwissen gut. Zum Beispiel, unser erstes Thema war, „Soll das Rauchen in der Öffentlichkeit verboten werden?“ Da konnte man sich mit der Frage gut beschäftigen und dabei auch viel Neues lernen.
Und wie hast du dich vorbereitet?
Ich habe in den Sommerferien angefangen, mich vorzubereiten. Wir hatten damals noch kein Thema, aber ich habe einfach die Struktur gelernt. Also zum Beispiel, wie die Sätze anfangen müssen, welche Positionen es gibt, und habe mich allgemein übers Debattieren informiert.
Und als ich zwei Wochen vor der Debatte die Themen für den Wettbewerb bekommen habe, also die Fragen für die Vorrunde und die Finalrunde, habe ich mich mit unterschiedlichen Quellen beschäftigt und nach Informationen gesucht, damit ich mehr über die Zigarette und überhaupt über Tabakerzeugnisse weiß. Zum Beispiel habe ich gelernt, wie schädlich Nikotin für die Gesundheit ist. Ich musste mir ja Argumente für die Pro- und die Contraposition überlegen, weil ich vorher nicht wusste, welche Seite ich in der Debatte vertreten würde.
Und haben dir zum Beispiel Leute beim DaZ-Unterricht geholfen?
Ja, alle DaZ-Schüler haben das Debattierten gelernt. Sie haben zwar nicht am Wettbewerb teilgenommen, aber sie haben auch Jugend debattiert im Unterricht kennengelernt. Deshalb haben wir zusammen Argumente gesucht und sie haben mir ein bisschen bei der Eröffnungsrede geholfen. Auch in der deutschen Klasse, in der 10d, haben mir die Schüler geholfen. Ich habe meine Eröffnungsrede vorgelesen und dann haben sie dazu Fragen gestellt. Von Frau Behrend und von Frau Gerresheim habe ich auch Unterstützung bekommen. Sie haben mir gesagt, dass ich sie immer fragen kann, wenn ich Hilfe brauche.
Über welche Themen habt ihr debattiert?
Das erstes Thema in der Vorrunde war „Soll das Rauchen in der Öffentlichkeit verboten werden?“ und das zweite Thema in der Finalrunde war „Soll das Fach Weltanschauungen in der internationalen Vorbereitungsklasse unterrichtet werden?“
Die internationale Vorbereitungsklasse ist so ähnlich wie DaZ. Sie bestehen aus Schülern aus den unterschiedlichen Ländern, die noch nicht viele Deutschkenntnisse haben und hier dann Deutsch lernen. Aber ich glaube, der Unterschied zwischen DaZ und internationalen Vorbereitungsklassen ist, dass man bei DaZ in die deutsche Klasse und nur manchmal in die DaZ-Klasse geht. In der internationalen Vorbereitungsklasse geht man nur dahin und nicht in die deutsche Klasse. Also man ist dann ausschließlich in der einen Gruppe.
Welches Thema fandest du besser?
Eigentlich waren beide Themen gleich gut. Ich glaube aber, ich fand das Thema mit den Zigaretten ein bisschen besser. Man denkt zwar erstmal, dass es schwierig ist, Argumente für die Contraseite zu finden. Aber wenn man sich ein bisschen mit dem Thema beschäftigt, findet man viele gute Argumente.
Welche Schulen haben daran teilgenommen?
Wie die Schulen hießen, weiß ich nicht. Aber es waren insgesamt fünf Schulen aus unterschiedlichen Bundesländern da, nämlich Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Berlin.
Wie alt waren die Teilnehmer:innen?
Die meisten waren ein bisschen älter als ich. Eine Junge war sogar schon 18. Ich würde sagen, so zwischen 15 und 18 Jahren vielleicht.
Hast du etwas Neues gelernt und wenn ja, was?
Ich wusste schon vorher, warum Rauchen schädlich sein kann. Aber jetzt habe ich noch mehr erfahren. Was ich zum Beispiel sehr interessant fand, war, dass der Raucher 30 bis 35 Prozent von dem ganzen Rauch über den Filter einatmet. Die anderen 60 bis 65 Prozent atmen die anderen Leute ohne Filter ein. Das Thema mit dem Fach Weltanschauungen war auch sehr interessant, weil wir dieses Fach nicht haben. Man konnte sehr viel Neues lernen.
Wie hast du dich vor und während der Veranstaltung gefühlt?
Anfangs war ich ein bisschen aufgeregt. Ich durfte später in die Schule kommen, aber ich bin trotzdem um sechs Uhr aufgestanden und habe meine Eröffnungsreden wiederholt. Danach bin ich zur Schule gefahren, wo ich noch ein paar meiner Mitschüler gesehen habe. Sie haben mir Glück gewünscht und das hat mich irgendwie sehr motiviert. Als dann die Vorrunde war, hatte ich immer noch ein bisschen Stress, aber nach der Vorrunde eigentlich nicht mehr. Als ich erfahren habe, dass ich in der Finalrunde bin, war ich sehr glücklich.
Für die Vorrunde, also die Debatte mit dem Rauchen, war ich auf der Seite Pro2 und in der Finalrunde war ich Pro1. Ich war eigentlich ganz zufrieden mit meinen Positionen. Es ist besser als zum Beispiel Contra2 zu sein, weil man da meiner Meinung nach keinen so großen Redeanteil hat. Aber trotzdem ist es schwierig, weil man als Pro1-Redner alles erläutern muss. Zum Beispiel musste ich erklären, was man unter dem Fach Weltanschauungen versteht, was Vorbereitungsklassen sind und so weiter.
Ich war auch deshalb ein bisschen aufgeregt, weil alle Schüler, die da teilgenommen haben, schon mal solche Debatten gemacht hatten. Ich wusste nicht, auf welchem Niveau sie sind, und deshalb war ich mir nicht sicher, ob ich in die Finalrunde weiterkommen würde. Aber es hat dann doch alles sehr gut geklappt. Am Ende bin ich Dritter von fünf Teilnehmern geworden und damit bin ich eigentlich ganz zufrieden.
Wie geht es jetzt weiter? Wird es noch weitere Veranstaltungen geben?
Ich weiß es nicht genau, aber ich habe verstanden, dass Jugend debattiert für Sprachlernklassen nächstes Jahr wieder am Katharineum stattfinden wird und da kann ich auch teilnehmen. Diese Debattierveranstaltung soll in Schleswig-Holstein noch ausgebaut werden, dass man dann bald auch Debatte zwischen den Schulen in unserem Bundesland machen kann.
Konnte man bei dieser Veranstaltung etwas gewinnen?
Nö, leider nicht. Die ersten Plätze und ich glaube auch die zweiten Plätze dürfen in Vereine von Jugemd debattiert eintreten. Aber Geldpreise gab es leider nicht. (lacht)
Außerdem haben wir Maksym ein paar Fragen zum DaZ-Unterricht gestellt, der hier am Katharineum angeboten wird …
Was ist DaZ überhaupt?
Also, die Abkürzung DaZ steht für „Deutsch als Zweitsprache“. Im März 2022 hat Frau Behrend Herrn Phillippi gefragt, ob sie eine DaZ-Klasse am Katharineum machen darf, weil sie nämlich dazu ausgebildet ist, DaZ-Schüler zu unterrichten und so ist DaZ am Katharineum entstanden. Zu Anfang waren da wir vier Personen, ich war einer von den ersten. Und mit der Zeit sind noch mehr Schüler gekommen, aber damals waren wir alles Ukrainer. Dann sind manche Ukrainer vom Katharineum auf andere Schulen gegangen und jetzt sind Schüler aus der ganzen Welt bei uns im DaZ Unterricht. Es gibt zum Beispiel eine Schülerin aus der Türkei und zwei Schülerinnen aus Vietnam.
Was lernt ihr da? Welche Fächer werden unterrichtet?
Hauptsächlich Deutsch. Früher haben wir sehr viel Deutsch gelernt, da hatten wir auch mehr DaZ-Stunden. Es gab nur eine Gruppe und wir haben Texte gelesen, Wörter gelernt und Tests geschrieben. Letztes Schuljahr wurden wir dann in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe besteht aus Schülern, die noch nicht die B1-Prüfung im März 2023 machen würden und in der anderen Gruppe waren die Leute, die die Prüfung machen würden.
Damals hatten wir nur vier Unterrichtsstunden pro Woche und die waren immer in der achten und neunten Stunde, damit wir mehr in der deutschen Klasse sein konnten. Dieses Schuljahr sind es acht DaZ-Unterrichtsstunden in der Woche, auch immer in der achten und neunten Stunde. Wenn wir aber also Unterricht in der deutschen Klasse haben, müssen wir in die deutsche Klasse gehen. Also zum Beispiel, ich habe am Montag Geschichte in der achten und neunten Stunde und deshalb ich muss in Geschichte sein. Und am Dienstag habe ich sieben Stunden. Danach darf ich 15 Minuten Pause machen und danach gehe ich zu DaZ.
Der DaZ-Unterricht ist für jeden individuell. Wenn sich jemand für die B1-Prüfung im März vorbereitet, darf er sich in diesen Stunden damit beschäftigen. Aber ich habe ja schon die B1-Prüfung im letzten Schuljahr gemacht und deshalb darf ich jetzt Hausaufgaben machen oder für Tests lernen.
Es werden also nicht wirklich Fächer unterrichtet, aber man kann beim DaZ-Unterricht Hausaufgaben aus allen Fächer machen. Zum Beispiel kann der Lehrer einem bei der Vorbereitung auf eine Deutschklassenarbeit helfen oder man kann Mathematikhausaufgaben machen. Man bekommt auch Hilfe, wenn es irgendwelche Frage zur deutschen Sprache gibt, wenn man etwas nicht versteht. DaZ wird von Frau Müschen, Frau Behrend und von Herrn Ehlers unterrichtet und die helfen einem immer.
Inwiefern hat DaZ dir geholfen, in Deutschland Fuß zu fassen?
Natürlich hat es anfangs sehr viel so geholfen. Wir haben zum Beispiel Stadtspaziergänge gemacht, so, damit wir Lübeck besser kennenlernen und uns ein bisschen an unsere neue Heimat gewöhnen. Wir sind der Schule alle sehr dankbar, dass sie das so gemacht haben.
Wenn du dich entscheiden müsstest, würdest du lieber DaZ-Unterricht machen oder Unterricht in der deutschen Klasse?
(lacht) Das weiß ich nicht so genau. Jetzt brauche ich ja nicht mehr so viele DaZ-Stunden. Eigentlich kann ich mit B1 in der deutschen Klasse lernen und natürlich möchte ich auch in der deutschen Klasse lernen. Aber in der DaZ-Klasse ist es einfacher. Man kann nachfragen, wenn man etwas nicht versteht.
Naja, wenn ich sechs Stunden Unterricht in der deutschen Klasse haben und danach noch zu DaZ gehe, ist das schon ein bisschen anstrengend. Aber man macht eigentlich nur Hausaufgaben. Das würde man zu Hause ja auch machen. Zu Hause ist man vielleicht abgelenkt, von seinem Handy oder so, und deswegen kann man sich beim DaZ viel besser auf Hausaufgaben konzentrieren. Man ist da einfach produktiver.
Vielen Dank, Maksym, für das Interview!
Redaktion des Website-Teams