„[…] Er schleppte sich über den mit roten Klinkern gepflasterten Hof und durch eine der hübschen, mit bunten Glasscheiben versehenen Klapptüren ins Innere… Es war alles neu reinlich und schön hier in der Anstalt. Der Zeit war ihr Recht geworden, und die grauen und altersmorschen Teile der ehemaligen Klosterschule, in denen noch die Väter der jetzigen Generation der Wissenschaft gepflogen hatten, waren der Erde gleichgemacht, um neue, luftige, prächtige Baulichkeiten an ihrer Stelle entstehen zu lassen. Der Stil des ganzen war gewahrt worden, und über Korridoren und Kreuzgängen spannten sich feierlich die gotischen Gewölbe“
Für Hanno Buddenbrook, ein Charakter des berühmten Romans „Die Buddenbrooks“ von Thomas Mann, war das Katharineum ein anderer Ort, als wir ihn heute kennen. Denn anders als viele denken, besuchte der berühmte Lübecker Schriftsteller Thomas Mann nicht die nach ihm benannte Schule, sondern das Katharineum. Das Schulkapitel des Romans „Buddenbrooks“ von Thomas Mann beschreibt anhand von Hannos Geschichte den Alltag am Katharineum vor über 100 Jahren. Doch in den Seiten stecken noch viele weitere Themen, wie die Kritik am damaligen Unterrichtssytem, die Angst, nicht genug leisten zu können, und das Gesellschaftsbild in Bezug auf das Ständesystem.
Um all diese und noch mehr Themen genauer in den Blick zu nehmen, haben wir, die Ec, am Freitag, den 14.3.25, an einem Workshop zum Schulkapitel teilnehmen dürfen. Ralph Olsen, Professor für Literatur und Literaturdidaktik an der Universität Ludwigsburg, hat zusammen mit Studierenden einen pädagogischen Baustein zu dem Schulkapitel aus den „Buddenbrooks“ entwickelt. In Kooperation mit dem Buddenbrookhaus haben sie verschiedenes Material erarbeitet, das wir als Klasse ausprobieren durften, weil wir die Handlungsorte im Katharineum genau kennen.
Da das Buddenbrookhaus im Moment renoviert wird, haben wir uns am Nachmittag im nahegelegenen Museumsshop getroffen, wo schon etwa zehn Studierende auf uns warteten. Inhaltlich hat sich der Workshop auf viele verschiedene Themenbereiche bezogen, auf die das Schulkapitel aufmerksam macht. Was würde heute anders sein? Was stört uns an der Schule? Was ist die Aufgabe der Schule? Mit diesen und weiterenFragen haben wir uns in dem Workshop beschäftigt. Dabei haben wir unsere eigenen Erfahrungen mit den Erzählungendes Romans verglichen. Zum Beispiel haben wir uns angeguckt, welche Unterschiede es zwischen dem Unterricht und dem Tonfall der Lehrkräfte zu Manns Zeiten und heute gibt. Auch modernere Bücher, wie „Tschick“ oder „Das fliegende Klassenzimmer“ greifen auf, wie Kinder das Schulsystem kritisch hinterfragen. Diese Sichtweisen haben wir uns im Vergleich zu denen von Hanno Buddenbrooks angesehen. Dabei lag der Fokus auf schüchternen und sensiblen Kindern, die ohne Rücksicht und individuelle Förderung häufig untergehen und sich unwohl fühlen. Wir alle konnten uns aus verschiedenen Anforderungsbereichen Mappen mit Materialien nehmen und selbstständig das bearbeiten, was uns am besten gefiel. Dabei sollten wir nicht nur Texte lesen oder schreiben, sondern konnten auch kreativ werden. Wir konnten uns vorher auf Übersichten die Themen und Methoden anschauen, sodass wir uns den Schwierigkeitsgrad selbst aussuchen konnten. Die verschiedenen Themen waren in die Kategorien „umgestalten“,„schreiben“, „austauschen“, „analysieren“ und „vergleichen“ unterteilt. So war von Standbildern über Gedichte und selbstgezeichnete Comics alles dabei.
Am Anfang des Workshops haben wir uns mit Mitschüler*innen über Zitate aus dem Kapitel ausgetauscht. Diese Zitate haben wir am Ende nochmal aufgegriffen und dadurch gesehen, wie sich die Sichtweise auf die Inhalte durch den Workshop verändert hat. Da man das Buch nicht kennen oder sonstiges Vorwissen haben musste, können auch jüngere Klassen den Baustein „Den Buddenbrooks auf der Spur…“ gut durchführen und so Thomas Manns Werk etwas kennenlernen. Da die Fragestellungen einfach zu verstehen waren und es viele kreative Aufgaben gibt, ist dieser besonders für jüngere Kinder geeignet. Doch auch wir konnten viel aus dem Workshop mitnehmen, da er sehr abwechslungsreich gestaltet war und uns gezeigt hat, auf wie viele Weisen man an eine Romanstelle herangehen kann.
Lovisa Christiansen, Ec