Neu an der Schule durften wir dieses Schuljahr die Schulsozialarbeiterin Frau Frenzel begrüßen. Wir freuen uns sehr, sie Euch nun vorstellen zu können!
Seit wann sind Sie am Katharineum?
Ich bin seit dem 01.09.2020 am Katharineum, immer mittwochs und freitags!
Sind Sie ans Katharineum per Stellenausschreibung gekommen oder wurden Sie angefragt?
Ich wurde angefragt, ob ich mich hier von intern auf die Stelle bewerben möchte.
Was sind Ihre Aufgaben als Schulsozialarbeiterin?
Ich höre zu, berate und vermittle, wenn nötig, weiterführende Hilfe. Auch bin ich Ansprechpartnerin, wenn es darum geht, Soziales Lernen an Schule weiterzuentwickeln. Zum Sozialen Lernen gehören der Erwerb von Selbst- und Sozialkompetenzen und das friedliche Miteinander gerade dort, wo viele verschiedene Charaktere zusammenkommen.
Mit mir kann man in erster Linie über alles reden! Euer Schulmotte ist „Tu Es“ und danach solltet ihr auch wirklich eure Chancen, die sich hier bieten, anpacken und eure Schulzeit, eure Lebenszeit hier mitgestalten. Ich denke, es ist nicht immer ganz einfach, den ganzen Anforderungen, die an Schüler*innen gestellt werden, gerecht zu werden. Ich bin extra dafür da, euch zu unterstützen, genauso wie eure Lehrer*innen oder eure Eltern auch. Ich bin jemand, der zusätzlich noch Zeit hat, zusammen mit euch zu prüfen, was noch dabei helfen kann, damit ihr hier Erfolg habt. Mit mir dürft ihr darüber hinaus auch Themen besprechen, die ihr mit niemandem sonst besprechen könnt; deshalb habe ich eine sehr strenge Schweigepflicht.
Gibt es auch Themenbereiche Ihrer Arbeit, die von Arbeitsstelle zu Arbeitsstelle variieren?
Ich denke schon, ich versuche mein Angebot der Schule anzupassen. Man kann in ganz verschiedenen Schulen arbeiten, und ich schaue immer, was diese Schule genau braucht. Deshalb ist es mir auch wichtig zu erfahren, was ihr euch als Schüler*innen für diese Schule wünscht, und auch die Lehrer*innen teilen mir mit, was sie, die die Schule viel besser als ich kennen, sich noch für Angebote wünschen. Hier am Katharineum zum Beispiel gibt es schon sehr viele Angebote im Bereich Soziales Lernen, und deshalb kann ich auch andere Projekte, die schon bestehen, mit unterstützen.
Wie wird man Schulsozialarbeiterin?
Das kann man studieren, und dann muss man noch eine staatliche Anerkennungszeit und ein weiteres Praktikum machen. Außerdem muss man schon Erfahrung in diesem Bereich haben, also auch Methoden vorweisen können, die für die Schule relevant sind. Ich mache zum Beispiel Ruhe- und Selbstkontrolle-Training für Klassen, die ständig zu laut sind, oder Mobbingintervention, auch bei Cybermobbing. Für diese Themen habe ich extra Weiterbildungen besucht.
Gehen Sie auf die Schüler*innen zu oder umgekehrt?
Ich versuche, das für die Schüler*innen so zu machen, dass ich für sie ansprechbar bin. Ich stelle mich in allen Klassen vor, oder gebe – wie jetzt– ein Interview, damit sie über das Angebot der Schulsozialarbeit informiert sind. Ihr könnt mich natürlich direkt ansprechen, oder Lehrer*innen kommen auf mich zu und sagen, dass es vielleicht mit jemandem noch ein Thema gibt, für das man mehr Zeit braucht, um es zu besprechen. Ich will auch nochmal betonen, dass es nicht immer bedeutet, dass man unheimlich schreckliche Probleme haben muss, um mit mir zu reden. Das kann auch ein normales Gespräch sein, in dem man sich mal Ballast von der Seele redet, aus dem nicht gleich etwas resultieren muss. Also, wenn man mir etwas erzählt, macht das natürlich nicht die Runde. Es kann auch einfach helfen, mit mir als unabhängiger Person zu sprechen, die die Schule und die Anforderungen kennt und auch weiß, wovon die Rede ist.
Wo haben Sie vorher gearbeitet?
Ich war vorher in Baden-Württemberg in der Schulsozialarbeit bei einer Stadtverwaltung tätig und bin vor drei Jahren nach Lübeck gekommen. Hier habe ich erstmal an anderen Schulen gearbeitet, bevor ich mich für die Stelle am Katharineum beworben habe.
Wie gehen Sie persönlich mit „Tabu-Themen“, zum Beispiel Depressionen, um?
Ja ich denke, das ist genau der Punkt, an dem ich als Schulsozialarbeiterin oft erst anfange, zu arbeiten. All die Themen, die vielleicht zu „peinlich“ sind, um sie mit jemandem zu besprechen, weil man Angst hat, dass man etwas verrät, in einem schlechten Licht dasteht, nur noch als „kranker“ Mensch angesehen wird, weil man so etwas hat wie Prüfungsängste oder Depressionen oder „irgendwie anders“ als andere ist. Es ist schwer, Schwäche zu zeigen, und über Fehler zu sprechen. Da fängt meine Beratungskompetenz an, da kann man dann gut die Schweigepflicht nutzen und mir etwas anvertrauen, vielleicht auch gerade, weil man mich nicht so gut kennt. „Tabu-Themen“ sind quasi mein Spezialgebiet.
Wie schaffen Sie es, nach schweren Gesprächen die Belastung nicht mit nach Hause zu nehmen?
Das ist ein ganz wichtiger Punkt und wichtige Kompetenz in der Schulsozialarbeit. Einmal habe ich noch die Supervision (Anm. d. Red.: Supervision ist die Beratung für Mitarbeiter*innen zur Reflexion eigenen Handelns), bei der ich mit einem ausgebildeten Supervisor besprechen kann, was mich belastet. Dort werden keine Namen genannt, und er hat auch eine Schweigepflicht, sodass nichts nach außen dringt. Das gleiche gibt es auch noch in Supervisionsgruppen, in denen dann jeweils spezielle Themen behandelt werden. Ich mache aber auch viel Sport, um abzuschalten und zu sagen „jetzt sind Schule und alle damit verbundenen Themen vorbei“. Man muss auch immer lernen, wo sein Auftrag endet. Dafür, die Grenzen meines Auftrags klar abzustecken, wurde ich geschult. Es ist wichtig, zu erkennen, dass ich nicht die Welt retten kann, und ich auch keinen Zauberstab habe, um Schwierigkeiten einfach wegzuzaubern. Ich musste lernen, das zu akzeptieren, und das war auch ein langer Weg. Das ist eine sehr wichtige Kompetenz, denn viele Probleme kann man nicht lösen, sondern muss einen guten Umgang damit finden. Ich kann schließlich nur Lösungsmöglichkeiten anbieten, ob diese umgesetzt werden, hängt nicht allein von mir ab.
Wollten Sie den Beruf schon immer ergreifen, oder wie hat sich das ergeben?
Ich habe mich immer gefragt, wie ich möglichst viele Menschen mit meinen Talenten erreichen kann. Außerdem habe ich schon immer gemerkt, dass es gut ist, wenn man mal darauf aufmerksam wird, wieviele Möglichkeiten das Leben bietet. Es gibt so viele Wege, die man noch gehen kann, man selbst erkennt das in schwierigen Situation oft nicht. Dieses Prinzip der Hoffnung wollte ich gerne vermitteln, besonders für Schüler*innen. Ich selbst hatte eine super Schulzeit und immer Menschen, mit denen ich reden konnte, ob das Freunde waren oder Erwachsene, die nicht gleich alles auf die Goldwaage legen oder bewerten, was man erzählt. Klar ist Leistung auch wichtig, aber es gibt eben auch andere Bereiche, in denen erst die Grundlage für Leistung gebildet wird. Ich dachte, mit Sozialarbeit kann ich wirklich viele Menschen erreichen und viele meiner Talente ausüben: zuhören, analytisch denken, komplexe Zusammenhänge ordnen, kreative Lösungen finden, mich ausdrücken, Menschen erreichen und verschiedene Interessen und Meinungen miteinander vereinen. Ich möchte Menschen helfen, das Licht im Dunkeln zu sehen, oder einen Weg zu weisen, wenn sie sich in ihrer Lage nicht gut orientieren können. Das war meine Motivation, den Beruf zu ergreifen!
Was fällt Ihnen bisher am Katharineum auf?
Das Katharineum ist eine unheimlich schöne Schule. Ich selbst habe meinen Master in Oxford gemacht, und das erinnert mich wirklich an diese Zeit dort. Es ist ein unglaublich geschichtsträchtiger Ort, und auch diese Tradition, die hier mitschwingt bedeutet per se schon viel; ich gehe wirklich immer sehr gern hierhin. Ich merke aber auch, dass es hier wirklich viele Schüler*Innen gibt, auf ganz engem Raum. Es ist unheimlich viel los, es gibt viele tolle Menschen, viele tolle Projekte und tolle Ideen, die hier so im „Wettbewerb“ sind. Ich bin wirklich beeindruckt und sehr stolz, an dieser Schule zu sein.
Wie eng arbeiten Sie mit den Lehrer*innen zusammen?
Das ist eine gute Frage. Ich arbeite immer mit Lehrer*innen zusammen, aber ich habe dabei eine ganz andere „Brille“ auf, in meiner Berufsgruppe. Ich habe eine andere Profession und etwas ganz anderes gelernt, als sie. Daher ist meine Sicht auf Sachverhalte wegen meines Studiums und meines Arbeitsauftrages hier grundsätzlich schon anders, als es die der LehrerInnen, in ihrem Verantwortungsbereich, sein muss. Ich arbeite immer gern mit ihnen zusammen und bin darauf auch angewiesen, dass sie mir zum Beispiel mitteilen, wenn sie sich Sorgen um euch machen. Gleichzeitig gibt es dann wieder Punkte, an denen ich mich ganz klar auch von den LehrerInnen unterscheide. Zum Beispiel im Thema Schweigepflicht: Vielleicht muss ein*e Lehrer*in nicht alles wissen. Ich denke aber schon, dass ihr ihnen auch viel erzählen könnt, denn sie haben auch Verständnis für eure Anliegen und wollen sicher, dass es euch gut geht; sie haben aber vorrangig andere Aufgaben, deshalb können sie sich dann vielleicht nicht so tief mit den Themen Einzelner beschäftigen, wie ich es kann, weil ich Zeit dafür habe und das mein Fachgebiet ist. Mir ist die Zusammenarbeit sehr wichtig, aber wir unterscheiden uns auch. Wenn ihr also zum Beispiel sagt, ihr wollt nicht, dass die Lehrer*innen etwas wissen, muss ich auch – vom Gesetzgeber her – eine andere Lösung finden, damit wir trotzdem die Interessen übereinbringen können.
Kommen auch Eltern auf Sie zu oder findet der Austausch rein in der Schulgemeinschaft statt?
Es kommen auch oft Eltern auf mich zu, wenn sie zum Beispiel Angst haben um ihr Kind, oder wenn sie nicht wissen, wie sie ein Verhalten des Kindes einordnen sollen; es gab auch schon mal Konflikte mit den Lehrer*Innen, bei denen ich vermitteln musste. Eltern und Schule haben ja eine Erziehungspartnerschaft, da gibt es manchmal Missverständnisse und da ich unparteiisch bin, kann ich nochmal andere Aspekte aufzeigen. Wenn es darauf ankommt, vertrete ich die Interessen der Heranwachsenden, zum Beispiel im Rahmen des Jugendschutzes. Es kam auch schon vor, dass ich Hilfestellung geben musste, wenn ein/e Jugendliche/r zum Beispiel nicht mehr nach Hause möchte, weil dort Dinge passieren, die nicht in Ordnung sind. Das sind aber Extremfälle. Natürlich bin ich gerne für die Eltern ansprechbar.
Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf?
An meinem Beruf fasziniert mich, dass es sehr abwechslungsreich ist, und ich sehr viele interessante Menschen kennenlerne. Mich fasziniert auch, wie wenig manchmal hilft – man muss nicht viel tun, um jemandem zu helfen, und eine kleine Veränderung kann schon einen großen Unterschied machen für den Menschen. Das fasziniert mich.
Was sind Ihre Hobbys?
Ich singe gern im Chor, zu Hause spiele ich Gitarre und Schlagzeug. Außerdem habe ich jetzt angefangen zu surfen, es ist aber gerade keine Saison. Es war mein größter Traum, den ich hier im Norden für mich endlich auch verwirklichen konnte, selbst mit dem Windsurfen anzufangen. Ansonsten mache ich gern Sport, lese und gehe raus in die Natur.
Lesen Sie viele Bücher, die zu Ihrem Beruf passen, oder ganz andere Sachen?
Ich lese gerne, und gern auch englisch- oder französischsprachige Literatur. Ich unterhalte mich dann auch darüber, aber ich habe jetzt hier in Lübeck noch keine Leute gefunden, mit denen man so etwas wie einen Buchklub machen kann – aber ich lese trotzdem weiter, das ist auch eines meiner Hobbys. So verliere ich auch die Sprachkenntnisse nicht. Ansonsten lese ich auch viel Fachliteratur, weil ich immer wieder versuche, Themen zu recherchieren. Also, wenn jetzt jemand kommt und ein Problem hat, überlege ich genau, was alles dahinter steckt, und wo ich noch mehr Lösungen finden kann. Ich „aktualisiere also meine Festplatte“ in meinem Kopf immer wieder, mit ganz viel Fachliteratur.
Was ist Ihr Traumreiseziel?
Tatsächlich ist mein Traumreiseziel neuerdings Hawaii. Ich habe auch ein „Ezzy Sails Segel“, so bin ich darauf gekommen. Der Markengründer ist nämlich ein berühmter hawaiianischer Windsurfer. Ich selbst war noch nie in den Vereinigten Staaten. Nächstes Jahr würde ich also einmal gern nach Hawaii, auch wenn ich bis dahin vielleicht, was das Surfen angeht, noch nicht gut genug bin, um bei den Bedingungen dort vor Ort zu surfen. Ich kann aber bestimmt etwas dabei lernen und herausfinden, was das mit Ezzy Sails so auf sich hat.
Fragengewitter:
- Film oder Buch? – Buch
- Tee oder Kaffee? – Tee
- Notizblock oder Laptop? – Notizblock (weil es keinen Dienstlaptop gibt;))
- Morgenmuffel oder Frühaufsteher? – Frühaufsteher
- Brief oder Email? – Brief
- Theorie oder Praxis? – Praxis
- Theater oder Kino? – Kino
- Meer oder Berge? – Meer
Was wünschen Sie sich für Ihre Zeit am Katharineum?
Ich wünsche mir, dass ich mich hier positiv und sinnvoll einbringen kann und dass die Schüler*innen und die Lehrer*innen auch wirklich das Angebot dieser Unterstützung nutzen können. Dass sie die Zeit und auch im richtigen Moment den Weg zu mir finden – weil ich ja wirklich auch nur an zwei Tagen vor Ort bin. Das ist alles, mehr wünsche ich mir nicht.
Euch allen wünsche ich viel Erfolg in eurer Schullaufbahn, und dass ihr alle die Unterstützung bekommt, die ihr braucht, um hier erfolgreich zu sein; dass ihr euch nichts gefallen lasst, Euch nicht ärgern lasst, lernt, Euch und Eure Interessen durchzusetzen, und das natürlich friedlich, respektvoll und tolerant.
Wir danken Frau Frenzel für das interessante und ausführliche Interview.
Unten sind noch die Kontaktdaten zu lesen, unter denen ihr Frau Frenzel erreichen könnt.
Redaktion des Website-Teams
Mobil: 0151 161 54 363 (dienstlich)
Mittwochs und freitags ab 7:30 und in der 1. großen Pause im Lehrerzimmer
Mittwochs und freitags ab 12- 14 Uhr im Beratungsraum (hinter dem Computerraum), Raumnummer G.1.5.
Oder fragt eure Lehrer*Innen nach einem Termin mit mir.
Eure Anliegen sind uns im Beratungsteam wichtig! Gerne könnt ihr euch auch an die Beratungslehrer*innen wenden:
kummerkasten@katharineum.de