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Von 1933 bis 1945 steht das Katharineum unter dem Regime der Nationalsozialisten. Timelines: Schulgeschichte

Von 1933 bis 1945 steht das Katharineum unter dem Regime der Nationalsozialisten.

Wie auch an anderen Schulen beeilten sich die Nationalsozialisten, dem Katharineum gleich nach der Machtübernahme organisatorisch und in puncto Gesinnung ihren Stempel aufzuprägen. Ohne Formalien, geschweige einen offiziellen Abschied, wurde der langjährige und hochgeachtete Schulleiter Dr. Georg Rosenthal seines Amtes enthoben. Ein frisch zum Landesschulrat bestimmter Parteigenosse erschien, brachte einen neuen Direktor mit und erklärte Dr. Rosenthal, er könne nun gehen. Was dieser klaglos tat.

Hans Blumenberg, der 1939 noch sein Abitur ablegen, aber als „Halbjude“ nicht mehr an der Verabschiedungsfeier seines Jahrgang teilnehmen durfte, erinnert sich: „Als nach den Osterferien 1933 die Gestalt des Direktors Rosenthal aus dem Leben der Schule verschwunden war – zunächst konnte oder mochte niemand auf die Frage antworten, aus welchem Recht und Grund – , gab es für den Quartaner die unbestimmte Wahrnehmung eines bedrohlichen Gewaltaktes, der an den Nerv der Schule gehen mußte. Man wird naiv finden, was ich als bewegende Frage des Schülers zu formulieren suche: Konnte es Derartiges an diesem Ort, in diesen Mauern, im Kraftfeld von Georg Rosenthal geben ? . . . Doch nicht schon die Wendung, sondern erst das Gefälle macht die Spürbarkeit des „Verfalls“. Die Erinnerung an Rosenthal, der stolz der Schmach den Rücken gekehrt hatte, wuchs im Maße dessen, was nach ihm kam, mit der Kümmerlichkeit der großen Worte und leeren Gesten, den hilflosen Machtansprüchen, dem wilden Herumfuhrwerken. Dieser „Verfall“ kam von oben, und es gehört zu den lebenslang zu verarbeitenden Erfahrungen dessen, der gerade noch vergleichen konnte, daß es auch die wirklich gab, die sich nicht mitziehen ließen, die etwas zu bewahren hatten. Rosenthals Schule überlebte den „Verfall“, weil es ihn gegeben hatte, weil die Zeit nicht ausreichte, seinen Standard vergessen zu machen.“ (An Georg Rosenthal erinnernd. Festschrift 1981).

Ehemalige Schüler stifteten dem Andenken an Dr. Rosenthal eine Skulptur eine Nachbildung der antiken Plastik „Betender Knabe“, die heute im mittleren Treppenhaus angebracht ist. Im Klosterhof erinnert eine Gedenktafel an die Opfer des Nationalsozialismus. Zu diesen gehört die jüdische Schulsekretärin Minna Grünfeldt, die 1933 entlassen und 1941 zur Vernichtung in ein Konzentrationslager bei Riga deportiert wurde. Auch der ehemalige Schüler des Katharineums und Anarchist Erich Mühsam wurde im Konzentrationslager ermordet.

1942 zerstören am Palmsonntag Fliegerbomben Dach und Obergeschoss von Hauptgebäude und Aula. Notdächer ermöglichen die Weiterführung des Unterrichts. In der Katharinenkirche finden Gottesdienste statt; denn St. Marien und St. Petri liegen in Trümmern. Vom Herbst 1944 bis zum Kriegsende fungiert das Schulgebäude als Lazarett.

Anlässlich des 40. Todestages des ehemaligen Katharineers und infolge seiner Teilnahme am Widerstand vom 20. Juli 1944 ermordeten Fritz-Dietloff Graf von der Schulenburg wurde am 10. August 1984 ein Gedenktag für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft unter der Mitwirkung der gesamten Schülerschaft gestaltet, in dessen Rahmen der oben abgebildete Gedenkstein auf dem Klosterhof enthüllt wurde.

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