Der Bürgerschaftsaal des Lübecker Rathauses ist ein lang gestreckter Raum, dessen Decke mit mehreren Kronleuchtern und Gemälden dekoriert ist. Überall prangt das Wappen von Lübeck. In der Mitte des Raumes thront das Rednerpult, auf dem ebenfalls ein schwarzer Adler zu sehen ist. Links und rechts von dem Pult stehen Tische mit je vier gewaltigen, gut gepolsterten Stühlen für die Redner. Vor dem Pult ist ein Tisch für die fünf Juroren aufgebaut, dahinter stehen Stühle für das Publikum. Die Atmosphäre im Saal ist feierlich und gespannt. Überall wuseln junge Menschen mit Karteikarten in den Händen herum. Die 7. Debattiermeisterschaft Lübecker Gymnasien hat begonnen.
Debattiert wird in Teams zu je zwei Personen. Es gibt verschiedene Positionen, die den Teams zugelost werden. Zunächst wird zwischen der Regierung, die für den Antrag ist, und der Opposition, die dagegen ist, unterschieden. Auf jeder Seite gibt es dann ein eröffnendes und ein schließendes Team. Gesprochen wird immer abwechselnd. So stehen sich vier Mannschaften gegenüber, die alle versuchen die Jury durch ihre Argumente und ihre Rhetorik zu überzeugen.
Der wesentliche Unterschied zwischen einer Debatte und einer Diskussion ist, dass eine Debatte geordneter abläuft. Es gibt eine festgeschriebene Redezeit, die man ausfüllen, aber nicht überschreiten sollte. Es dürfen in einem bestimmten Zeitfenster Zwischenfragen gestellt werden, Zwischenrufe sind jedoch jederzeit erlaubt. Wenn du deine Rede gehalten hast, kannst du nicht noch einmal sprechen. Du musst das, was du zu sagen hast, also in wenigen Minuten gut verständlich erklären, um das Publikum und die Jury zu überzeugen.
Vier Wochenenden lang haben wir uns auf dieses Ereignis vorbereitet. Wir, das sind Emma Karpa, Nina Bahlmann und Luise Pohlmann, die das Team des Katharineums bei der Debattiermeisterschaft bilden. Jeden Samstag trafen wir uns mit den Vertretern und Vertreterinnen der anderen Schulen im Willy-Brandt-Museum, um zu trainieren.
Zuerst erlernten wir die Methode des Debattierens, also den Sinn des Debattierens und unser Ziel kennen. Das Ziel einer Rede während einer Debatte ist es, zu überzeugen. Dies probierten wir in einer Ballondiskussion aus. Dabei stellten wir uns vor, dass z.B. das Sandmännchen, der russische Präsident Putin und die Schauspielerin Emma Watson sich in einem Heißluftballon befinden, der stetig Luft verliert. Die einzige Möglichkeit, zu überleben, ist, genügend Ballast abzuwerfen. Eine Person muss also springen. Nun versuchten wir durch unsere Argumentation das Publikum (die anderen Teilnehmer*innen) davon zu überzeugen, dass wir selbst auf gar keinen Fall springen konnten.
Am darauffolgenden Wochenende erfuhren wir mehr über strukturiertes und zielgerichtetes Reden. Wie wird eine Überzeugungsrede strukturiert, damit sie für das Publikum logisch nachvollziehbar ist. Wir haben das Prinzip SExIER (state, Explain, Illustrate, Explain Relevance) kennengelernt und an selbstgewählten Themen ausprobiert.
Am vorletzten Wochenende konzentrierten wir uns noch einmal auf die Argumentation. Insbesondere darauf, wie wir neue Argumente finden können, falls unsere Vorredner*innen schon alle genannt haben. Dabei half uns das Zauberwort „Hökopökos“ (Historisch, ÖKOnomisch, Politsch, ÖKOlogisch, Sozial) und das Prinzip der Stakeholder, also wer von dem Vorschlag betroffen ist.
Das letzte Wochenende galt der Anwendung des Gelernten an konkreten Beispielen. Wir debattierten darüber, ob Großbritannien in Sachen Brexit ein weiterer Aufschub gewährt werden sollte, ob das Verkaufsverbot an Sonntagen aufgehoben werden sollte und ob Flüchtlingskinder in den MINT Fächern in ihrer Muttersprache unterrichtet werden sollen. Nach jeder Debatte bekamen wir persönliches Feedback von unserer Trainerin Julika Stenzel und unserem Juror Bernd Hoefer. Am Sonntagabend erfuhren wir dann endlich die Themen für die finalen Debatten im Lübecker Rathaus.
Am vergangenen Samstag fanden drei Debatten im Lübecker Rathas statt. Zwei Halbfinale, aus denen sich jeweils zwei Teams für das Finale qualifizierten. Im Finale wurde ein Team zum Gewinner gekürt, das sich das nächste Jahr lang mit dem Titel Debattiermeister Lübeck schmücken darf. Im ersten Halbfinale, in dem wir auch antraten, ging es um die Frage, ob Schülerinnen und Schülern, die an fridays for future Demonstrationen teilnehmen, ein Verweis erteilt werden soll. Wir waren furchtbar nervös, doch letztendlich lief es sehr gut, wir kamen ins Finale. Im zweiten Halbfinale ging es dann um die Frage, ob für jede Schulklasse eine verpflichtende Whatsapp-Gruppe eingerichtet werden soll, die der Kommunikation der Lehrkräfte mit deren Schülerinnen und Schülern bzw. deren Eltern dient. Nach dem Mittagessen und einer sehr knappen Vorbereitungszeit ging es dann ins Finale mit der Frage, ob alle Straßen und Plätze, die nach Personen benannt sind, umbenannt werden sollten.
Das Finale gewannen David Nagy und Thore Schönfeldt vom Trave Gymnasium. Doch für uns alle war es eine tolle Erfahrung an der 7. Debattiermeisterschaft Lübecker Gymnasien teilzunehmen. Wir haben viel über Rhetorik gelernt und geübt vor Menschen zu sprechen. Dies wird uns in Zukunft bestimmt noch einmal zu Gute kommen!
Herzlichen Dank an die Michael Haukohl Stiftung, die das Projekt unterstützt.
Luise Pohlmann, Q1a