Ist Oslo weit?
Sind 800 Kilometer viel?
Trennt uns die Entfernung?
Das Schulorchester des Katharineums pflegt den internationalen Kontakt zum “Vestre Aker Strykorkester” in Oslo seit jetzt beinahe 15 Jahren. Damit ist dies der größte internationale Austausch, den unsere Schule gestaltet.
Fast vierzig Jugendliche und Erwachsene treffen sich Jahr für Jahr, um die Freundschaft zu pflegen und zu erneuern und dabei Musik zu machen.
“Vestre Aker” – das westliche Aker ist ein Stadtteil von Oslo – hat ein eigenes Orchester, das an die hier liegende Musikschule angeschlossen ist.
Viele Jugendliche genießen bei den über 200 Musikfachkräften Unterricht. Dazu gehört das Hauptochester, mit dem sich das Schulorchester des Katharineums verbunden hat und sich jährlich in Oslo oder Lübeck trifft, um gemeinsam zu proben und Konzerte zu geben.
In diesem Jahr stehen Beethoven, Brahms, Martinu und einige Stücke Filmmusik auf dem Programm.
Überfahrt 12.02.-13.02.
Was macht man, wenn man eine Fähre Lübeck-Oslo betritt, um sich 20 Stunden in Richtung Norden fahren zu lassen?
Man bezieht die innen liegenden Kabinen, einigt sich auf die Stellplätze für den Koffer, die Tasche, die einzunehmende Bettstelle … fertig.
Dann?
Man genießt die Aussicht – wenn möglich! Bei unserer Abreise herrschten angekündigte 6 bis 7 Windstärken, grauer Himmel und Regen. Also: Alle einmal raus ans Oberdeck, alle einmal frische Luft geschnappt, alle wieder rein in den Kahn.
Was dann?
Man untersucht die Fähre inneneinrichtungstechnisch, z.B. im gefühlten Erdgeschoss (“7.Etage”!) einer “Hauptstraße” von vielleicht 50 m Länge mit Restaurant, Café, Läden – alles in Geschmack und Stil angelehnt an Disney-World und Outlet-Center. In den oberen Etagen immer wieder Lokale mit unterschiedlichen Ausblicksmöglichkeiten.
Und was machen WIR?
Was macht das Schulorchester des Katharineums zu Lübeck dann?
Wir treffen uns auf Etage 12, setzen uns auf den Fußboden am Treppenabsatz, wo viel Platz ist, und machen eine Chorprobe! Das Liederheft aus der Tradition Dietmar Hampels in neuer Auflage bietet viele Möglichkeiten und wir singen Neues und Altes … Nach 90 Minuten sind wir nicht nur zufrieden (und) müde, sondern haben mindestens zwei neue vierstimmige Sätze gelernt, die wir im Laufe unseres Oslo-Aufenthaltes oder anderweitig sicher noch einmal brauchen werden.
Der erste Tag in Oslo 13.02.
Bei unserer Ankunft wurden wir von Bodil Nilsson Sanders, der Dirigentin des Vestre Aker Strykeorkesters, herzlich empfangen. Wir machten uns auf den Weg, um uns die Innenstadt von Oslo anzusehen. Nach einem Vortrag von Bodil über die Geschichte Oslos bekamen wir eine Führung durch das erst 12 Jahre alte Opernhaus. 1358 Sitzplätze bietet der große Saal. Hinter jedem dieser Sitzplätze ist ein Display für die Untertitelung der Opern angebracht und über uns hängt ein 8,5 Tonnen schwerer Kronleuchter. Alles wirkt unglaublich wertvoll, schick und gut durchdacht. Noch nie waren wir von einem Gebäude so begeistert.
Gegen 16.00 Uhr begann dann die erste gemeinsame Probe. Man machte sich bekannt, aß Pizza und Obst und probte weiter. Müde und zufrieden verließen wir die Musikschule und verbrachten den Abend bei unseren Gastfamilien.
Empfang in der Deutschen Botschaft in Oslo, 14.02.
Als besonderes Ereignis hat uns in diesem Jahr eine Einladung des Kulturattachés bei der Deutschen Botschaft in Oslo erreicht.
Weil wir die Erste Sinfonie von L. V. Beethoven im Programm haben, hat sich im Jubiläumsjahr der Kontakt zur Deutschen Botschaft in Oslo entwickelt, die sich auch als Kulturbotschafterin versteht und darum unseren Beethoven-Teil im Programm würdigen wollte.
Der Empfang durch den Kulturattaché war offen und herzlich. Der Botschafter und zwei seiner Referent:innen boten uns einen sehr freundlichen Empfang, in dessen Verlauf sich viel Gelegenheit zum Gespräch für unsere Jugendlichen bot.
Wir haben uns nicht nur mit einer Marzipan-Gabe bedankt, sondern auch noch ein Chorllied gesungen. “Freundschaft – Wieder einmal ausgeflogen” ist ein von Theodor Storm geschriebenes Gedicht und hat die Themen Freundschaft und Liebe zum Thema.
Samstag, 15.02. – Proben
Der Samstag war ein typischer Probentag. Ein paar nette Gasteltern hatten für diesen Tag eine Draußenaktivität geplant, die das Schlittenfahren ersetzen sollte. Der Orientierungslauf. In bunt gemischten Gruppen beeilten wir uns, die auf der Karte eingezeichneten Stellen zu suchen und die dort hängenden Fragen zu beantworten. Bei der Preisverleihung fiel auf: je höher die Platzierung, desto dreckiger die Klamotten.
Und wieder einmal bekamen wir die Gastfreundschaft der Norweger zu spüren, denn wir wurden zur Kaffezeit mit Obst und Kuchen empfangen, bevor es in unseren abschließenden Probenblock ging.
Unsere Jugendlichen sind so glücklich hier, dass ich nicht sicher bin, ob sie ermessen können, was sie gerade an Gutem erleben.
Die Gastfreundschaft der Norweger, der Familien der Instrumentalisten unseres gastgebenden Orchesters “Vestre Aker Strykorkester” ist überaus groß und getragen von wirklicher Herzlichkeit.
Konzert, 16.02.
Den Sonntag Vormittag verbrachten wir unterschiedlich. Die einen schliefen aus, die anderen ließen sich die Stadt zeigen. Um 13.30 Uhr war die Generalprobe in der Voksen kirke angesetzt.
Teil unseres Programms waren die Suite von Bohuslav Martinu, die Ungarischen Tänze von Brahms und der Beethoven-Teil mit der Ersten Sinfonie. Nach der Pause gab es hauptsächlich Filmmusik; manchmal etwas überzuckert, aber von wunderbar bunter Sentimentalität.
Eine kleine Besonderheit gehörte noch ins Programm: Ein in Norwegen sehr populäres Stück aus dem Repertoir der Popmusik über den Mann im Mond “Månemannen” machte uns viel Spaß.
Zwischendrin sangen wir noch einmal als Dank unser Lied von der Botschaft der Freundschaft nach einem Text von Theodor Storm in einem Satz von Klaus Knigge “An die Freunde – Wieder einmal ausgeflogen”. Diese Komposition könnte zum Programm unserer Reisen gehören, im eigentlichen und im übertragenen Sinne. Sie endet mit den etwas pathetischen Worten “aber Liebesfäden spinnen heimlich sich von Land zu Land.”
Man muss ja nicht alles wörtlich nehmen!
Man muss nicht …
Den Abend verbrachten wir alle zusammen. Wir aßen vom Buffet, sangen viele alte und neue Lieder nach Herrn Hampels Tradition und hatten eine Menge Spaß.
Abreise, 17.02.-18.02.
Wie der düstere Himmel es schon angekündigt hatte, gab es auf unserer Rückreise ein großes Unwetter. Bei hoher Windstärke blickten wir Oslo hinterher. Nachdem der Sturm auf dem Sonnendeck ausgekostet und die Kabinen bezogen worden waren, trafen wir uns wieder um 16.00 Uhr auf Deck 12 vor dem Aqualand. Gemeinsames Singen sollte gegen die Übelkeit helfen. Andere zogen sich zurück und gingen Schlafen, um der Übelkeit keine Chance zu geben. Das Deck 12 verwandelte sich langsam in ein Schlaflager für Reisekranke. Viele Tabletten wurden geschluckt und so verbrachte man sechs Stunden mit Reden, Singen, Schlafen und “Jungle Speed” (ähnlich wie Halli Galli) auf dem Deck. Durch das Stampfen des Schiffs zitterten die Fahrstühle und wir ließen uns im Sitzen oder Liegen hin- und herschaukeln. Gegen 22 Uhr löste sich das Lager auf.
Alfred Hegge, Héloïse Willand